Was Dich hier erwartet:
Spätestens seit dem Einstieg von Warren Buffets Berkshire Hathaway in diverse japanische Mischkonzerne ist der japanische Aktienmarkt wieder im Fokus.
Aktuell sprechen die immer noch niedrigen Zinsen, die sogar noch knapp negativ sind, die niedrige Inflation und die gleichzeitig attraktiven Konjunkturaussichten für die japanische Wirtschaft. Und aufgrund der geografischen Nähe zu China ist gleichzeitig ein gewisser Emerging Markets-Faktor enthalten, ohne die politischen Risiken überzugewichten.
Nachdem ich schon vor dem Altmeister des Value Investings in Japan investiert war und damit einige Erfahrungen (insbesondere mit dem schwachen Yen) gesammelt habe, stelle ich Dir heute meine jüngste und zugleich größte japanische Depotposition vor.
Aufgrund seiner breiten Aufstellung ist das Unternehmen für mich quasi ein Japan-ETF. Und damit prädestiniert, an der derzeit positiven Entwicklung teilzuhaben. Und gleichzeitig ist es defensiv genug, um auch in Abschwungphasen gut aufgestellt zu sein.
Grundsätzlich bevorzuge ich Unternehmen in meinem Depot, die in ihrem Bereich Marktführer sind und sich auf ihre Position konzentrieren und sie weiter ausbauen. Mischkonzerne gelten gemeinhin als Sammelsurium, die schwer zu managen sind und in denen die wahren Werte nicht zum Vorschein kommen.
Bei meiner Suche nach attraktiven Titeln im japanischen Aktienmarkt bin ich frühzeitig auf Sekisui House aufmerksam geworden. Andere Titel fand ich zwar spannend, aber zu hoch bewertet oder mit einer zu niedrigen Dividendenrendite.
Und so habe ich mich entschieden, in ITOCHU zu investieren. Es ist genau das Konglomerat, das ich eigentlich nicht im Depot haben will. Aber es gibt einige Gründe, die mich überzeugt haben und für die ich nun eine Ausnahme mache.
Unternehmensgeschichte
Die Gründung der ITOCHU Corporation geht auf das Jahr 1858 zurück. Damals reiste der Unternehmensgründer Chubei Itoh als Leinenhändler vom Dorf Toyosato nach Nagasaki.
„Handel ist ein barmherziges Geschäft. Er ist edel, wenn er dem Geist Buddhas entspricht, indem er sowohl denen, die verkaufen, als auch denen, die kaufen, zugute kommt und die Bedürfnisse der Gesellschaft befriedigt.“
Chubei Itoh, Unternehmensgründer ITOCHU
Sein Geschäft wuchs rasch und es basierte vor allem auf gegenseitigem Vertrauen. Gleichzeitig führte er für die damalige Zeit moderne Managementmethoden und westliche Buchhaltungssysteme ein.
Angefangen als Handelsunternehmen, das hauptsächlich mit Textilien handelte, hat sich ITOCHU zu einem Handelsunternehmens entwickelt, das sich den Anforderungen jeder Generation angepasst hat. Und damit ist aus hiesiger Sicht ein Gemischtwarenladen entstanden, der eine japanische Besonderheit darstellt.
Geschäftsgegenstand
Aktuell gibt es 8 wesentliche Unternehmensbereiche:
Textilien: von Mode bis zu High-Tech-Materialien
Maschinenbau: Anlagen, Infrastruktur, Flugzeuge, Schiffe, Automobile,
Bau-/Industriemaschinen
Metalle und Mineralien: weltweite Erschließung von mineralischen Rohstoffen
Energie & Chemie
Lebensmittel: Von der Lieferung der Zutaten bis hin zu Herstellung, Vertrieb und Einzelhandel.
Allgemeine Produkte & Immobilien: allgemeine Lifestyle-Produkte bis zur Entwicklung und Verkauf von Häusern
Information, Kommunikationstechnologie (ICT) & Finanzierungen
Erschließung neuer Märkte und Produkte
Damit erstreckt sich das Geschäft vom Rohstoffsektor bis hin zur Grundstoffindustrie und dem Verbrauchersektor. Auffällig ist, dass – anders als andere japanische Handelsunternehmen – keine übermäßige Abhängigkeit von den Rohstoffpreisen besteht. Durch das starke Verbrauchergeschäft ist eine gute Diversifizierung in nicht konjunkturell abhängige Sektoren gegeben.
Bereits seit 1972 ist ITOCHU zudem in China tätig und profitiert damit auch vom dortigen Wirtschaftswachstum.
Geschäftszahlen
Itochu beschäftigt per 31. März 2023 in 271 Konzerngesellschaften insgesamt rund 111.000 Mitarbeiter.
Die Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2023 bewegten sich in Rekordhöhe, waren jedoch etwas schwächer als im Vorjahr, dem bisherigen Allzeithoch. Der Nettogewinn erreichte 800,5 Mrd. Yen nach 820,3 Mrd. Yen im Vorjahr. 88,6% aller Konzernunternehmen waren in der Gewinnzone (Vorjahr: 90,9%).
Der Gewinn je Aktie erreichte 546,1 Yen (Vorjahr: 552,86 Yen). Das entspricht einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 10.
Der Gewinn teilt sich auf die einzelnen Sparten wie folgt auf:
| Sparte | Ergebnis in Mrd. Yen | Anteil |
|---|---|---|
| Textile | 25,5 | 3,2% |
| Machinery | 107,1 | 13,4% |
| Metals & Minerals | 246,9 | 30,8% |
| Energy & Chemicals | 114,3 | 14,3% |
| Food | 16,5 | 2,1% |
| General Products & Realty | 94,8 | 11,8% |
| ICT & Financial Business | 64,4 | 8,0% |
| The 8th | 23,0 | 2,9% |
| Sonstige | 108,1 | 13,5% |
Der operative Cash-Flow steigerte sich im Geschäftsjahr von 801,2 auf 938,1 Mrd. Yen. Aufgrund erhöhter Investitionen nahm der Free Cash Flow jedoch von 839,8 auf 484,3 Mrd. Yen ab.
Die Prognose für das neue Geschäftsjahr 2024 sieht einen Nettogewinn von 780 Mrd. Yen vor. Grundlage ist ein Basisgewinn von rund 800 Mrd. Yen, der im Bereich von 50 Mrd. Yen schwanken kann. Diese Schwankungsbreite deckt die Ergebnisse 2022, 2023 und die Prognose 2024 ab.
Größeren Einfluss auf das tatsächliche Ergebnis haben der Yen-Wechselkurs zum US-Dollar, das Zinsniveau in Japan, der Ölpreis und der Eisenerzpreis.
Management
Das Board von Itochu besteht aus 10 Personen, darunter 2 Frauen. Der Chairman Masahiro Okafuji ist seit 1974 im Unternehmen und wurde 2004 in das Board berufen. Als Chairman & Chief Executive Officer amtiert er seit 2018, zuvor war er schon seit 2010 President & CEO. Mit einem Geburtsjahr 1949 verfügt er über große Lebenserfahrung.
Deutlich jünger (Jahrgang 1960) ist der President & Chief Operating Officer Keita Ishii. Er trat 1983 bei Itochu ein und machte Karriere in der Chemie-Sparte. Ihre Leitung übernahm er 2018, bevor er dann 2021 in den Konzernvorstand berufen wurde. Er ist seitdem die Nr. 2 in der Unternehmensführung.
Der CFO Tsuyoshi Hachimura ist seit 2021 im Amt, aber bereits seit 1991 in diversen Finanzbereichen für Itochu tätig gewesen.
Aktienkurs
Itochu ist unter dem Börsenzeichen 8001 im Prime Markt der Börse Tokio notiert. Der Handel findet dort bei deutscher Sommerzeit von 2 Uhr nachts bis 8 Uhr morgens statt. Für den Handel direkt in Tokio ist zu beachten, dass er in 100er Stückelungen stattfindet.
Der Spread in Deutschland ist morgens bis 8 Uhr bei Lang & Schwarz vergleichsweise gering. Aber auch zur Handelszeit der US-Börsen ist er gar nicht so groß. Wichtig ist aus meiner Sicht jedoch immer eine Limitierung. Ich rechne dazu den japanischen Kurs (meistens ja der Schlusskurs) mit dem aktuellen Yen-Wechselkurs in Euro um und erhalte damit den „fairen“ Euro-Kurs.
Interessant ist es bei japanischen Börsenfeiertagen (bei meinem Erstkauf war es so), da ist dann mit etwas Geduld auch ein günstigerer Kauf in Deutschland möglich als die Aktie zuletzt in Japan gekostet hat.
Der Aktienkurs von Itochu selbst hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Vor 10 Jahren lag er noch im Bereich von 1.000 Yen, seitdem hat er sich mehr als verfünffacht. Jedenfalls in der Heimatwährung war es ein überragendes Investment:

Aktienkauf
Ich habe bei Itochu etwas Besonderes gemacht und das ist zugleich auch Premiere für mich.
Zunächst kaufte ich „ganz normal“ am 4. Mai 2023 100 Aktien von Itochu zum Kurs von 30,30 € über gettex in mein Depot beim Smartbroker. Ich zahlte dafür keine Kaufprovision und damit insgesamt 3.030,00 € für diesen Aktienkauf.

Dieser Kauf entpuppte sich als gut getimt, schon einen Monat später war ich 20% im Plus. Und die guten konjunkturellen Nachrichten aus Japan nahmen nicht ab. Und deshalb probierte ich etwas aus:
Ich kaufte am 12. Juni 2023 weitere 100 Aktien von Itochu. Dieses Mal allerdings direkt an der Heimatbörse in Tokio. Dazu nutzte ich mein Depot bei Interactive Brokers. Ich zahlte pro Aktie 5.438 Yen, zusätzlich eine Kaufprovision von 761 Yen. In Summe investierte ich also 544.561 Yen. Der offizielle EZB-Wechselkurs betrug an meinem Handelstag 150,03. Mein Einstandswert für diesen zweiten Kauf liegt damit bei 3.629,68 €.

Währungsrisiko
Mit einem Investment in japanische Aktien ist auch immer ein Währungsrisiko verbunden. Die Performance in Euro ist eben nicht nur von der Aktienkursentwicklung, sondern auch vom Wechselkursverhältnis zum Yen abhängig. Und in den letzten Jahren hat der Yen deutlich an Wert eingebüßt. Dessen bin ich mir bewusst.
Im Langfristchart seit 1999 ist eine Schwankungsbreite von 90 bis 170 zu erkennen. Mit aktuell 150 befinden wir uns im oberen Bereich. Das bedeutet, dass der Yen aktuell historisch schwach ist. Nur 2007/2008 war er noch schwächer.

Und deshalb sieht mein Plan für den erfolgten Nachkauf eine weitere Besonderheit vor: Mit dem Kauf legt Interactive Brokers automatisch ein Yen-Konto an. Es steht dann sofort mit dem Kaufpreis im Minus. Ich könnte jetzt den entsprechenden Euro-Betrag dort hin wechseln und das Yen-Konto wäre ausgeglichen. Dividendenzahlungen und ein späterer Verkaufserlös werden dann auch in Yen auf dieses Konto gebucht und ich könnte die Beträge dann jeweils in Euro wechseln.
Ich habe mich aber entschieden, das Yen-Konto nun im Minus stehen zu lassen. Ich habe die zweiten 100 Itochu-Aktien damit auf Kredit gekauft (Meine grundsätzlichen Gedanken zum Wertpapierkredit findest Du hier). Als Zinsen muss ich dafür derzeit 1,5% p.a. bezahlen. Meine Idee dahinter ist die Folgende: Unterm Strich investiere ich hier nicht auf Kredit, ich habe an anderer Stelle entsprechendes Guthaben. Ich nehme aber das Währungsrisiko dieses Kaufs raus und habe nur noch das Kursrisiko.
Was bedeutet das? Ich habe mich in Yen verschuldet, gleichzeitig aber ein in Yen notierendes Unternehmen gekauft. Sinkt der Yen nun z.B. von 150 auf 200, dann sinkt zwar auch der Wert meines Aktienkaufs. Gleichzeitig sinkt – in Euro – meine Verschuldung in gleichem Maße. Und umgekehrt steigt bei stärkerem Yen die Verschuldung in gleichem Maße wie der Wert des Investments.
Die 1,5% Zinsen decke ich durch die zu erwartenden Dividendenzahlungen von Itochu ab. Damit sollte perspektivisch meine Verschuldung in Yen sinken.
Dividendenhistorie
Itochu zahlt in der Regel zweimal jährlich eine Dividende. Ende Juni gibt es die Schlussdividende und Anfang Dezember dann eine Zwischendividende.
Das Geschäftsjahr läuft bei Itochu bis zum 31.03., das ist dann auch der Tag, an dem Du die Aktien im Depot haben musst, um die Schlussdividende zu erhalten. Für die Zwischendividende ist es dann der 30.09.
Seit dem Geschäftsjahr 2016 hat Itochu die Dividendenpolitik umgestellt und die Dividende jährlich erhöht. Die Payout-Ratio hält sich trotzdem im Rahmen, sie liegt für das Geschäftsjahr 2024 bei rund 30%.
Die gesamte Dividende für das neue Geschäftsjahr soll bei 160 Yen je Aktie liegen, im Geschäftsjahr 2023 waren es 140 Yen. 160 Yen entsprechen bei meinem Nachkauf zu 5.438 Yen einer Dividendenrendite von 2,94%.
Neben den Dividendenausschüttungen kauft Itochu seit 2017 auch eigene Aktien zurück. In den Geschäftsjahren 2022 und 2023 wurden dafür jeweils 60 Mrd. Yen in die Hand genommen.
Nachhaltigkeitsfaktor
Itochu hat sich der Nachhaltigkeit verpflichtet und berichtet bereits seit 2006 ausführlich in seinem jährlichen Nachhaltigkeitsbericht über die Erreichung der Ziele.
Die Aktie ist u.a. in den Nachhaltigkeitsindizes FTSE4Good und DJ Sustainability World und Asien-Pazifik gelistet. Im MSCI ESG Rating hat Itochu mit AAA das höchste Rating erhalten, S&P Global zeichnet Itochu seit vielen Jahren als Top-Nachhaltigkeitsunternehmen im Sektor „Trading Companies & Distributors“ aus.
Größter Anteilseigner von Itochu ist mit 16,25% „The Master Trust Bank of Japan„, 7,52% werden von Euroclear für internationale Anleger gehalten. Die von Berkshire Hathaway gehaltenen 8,5% sind in der Anteilseignerliste nicht explizit ausgewiesen. Offenbar werden sie über verschiedene Banken gemeldet.
Weitere Strategie
Mit der Investition von 200 Aktien bin ich bereits ausreichend in Itochu investiert. Das erste Kursplus von 20% nach nur einem Monat war für mich überraschend, so dass ich direkt den Nachkauf hinterhergeschoben habe.
Mich überzeugt die hohe Ertragskraft und die explizite Shareholder-Orientierung seit 2016/2017. Itochu hat seitdem die Dividende jedes Jahr erhöht und kauft eigene Aktien zurück. Und noch genügend Luft bei der Payout-Ratio um die Historie entspannt weiterzuführen.
Die Bewertung hat sich in den letzten Monaten durchaus erhöht, befindet sich aber immer noch auf einem attraktiven Niveau.
Mit der Investitionen decke ich durch die vielen Unternehmenssparten die japanische Wirtschaft weitgehend ab. Im Auge habe ich allerdings die Wechselwirkung zu meinem Depottitel Fortescue Metals Group aus Australien. Ein chinesischer Nachfragerückgang würde den Eisenerzpreis drücken und hätte dann unmittelbaren Einfluss auf die Gewinnsituation beider Unternehmen.
Deshalb reicht mir für Itochu ein Depotanteil von 1,7%, der natürlich durch Kurssteigerungen der Aktie gerne auch steigen darf. Aber ich werde nicht selbst weiter investieren. Denn mein Positionsaufbau bei der Fortescue Metals Group ist noch nicht abgeschlossen und ich möchte auch keine zu große Abhängigkeit von einzelnen Rohstoffpreisen in meinem Depot haben.
Im Auge behalte ich die Wechselkursentwicklung. Bei meinem zweiten Kauf profitiere ich ja hinsichtlich des Wertpapierkredites von einem schwächeren Yen. Es soll aber keine Währungsspekulation sein. Deshalb werde ich, selbst bei einer weiteren deutlichen Yen-Schwäche die Position nicht schließen. Denkbar wäre in einem solchen Fall für mich aber, dass ich eine weitere japanische Position ins Depot nehme und so von dem günstigen Wechselkurs profitiere. Oder meine Position in Nippon Sanso, die ich noch separat vorstellen werde, aufstocke. Das gewählte Modell funktioniert aber nur, wenn die Kreditzinsen niedrig bleiben und die Dividendenzahlungen höher sind. Bei Itochu passen diese Faktoren zusammen und ich bin gespannt auf die weitere Entwicklung.
Auf einen Blick:
| Unternehmen: | ITOCHU Corporation |
| ISIN: | JP3143600009 |
| Im Divantis-Depot seit: | 04.05.2023 |
| Letzter Nachkauf am: | 12.06.2023 |
| Stückzahl im Divantis-Depot: | 200 |
| Durchschnittskaufkurs inkl. Gebühren: | 33,30 € |
| Gesamtkaufpreis: | 6.659,68 € |
| Bisher erhaltene Netto-Dividenden: | 254,31 € |
| Aktuelle Strategie: | Halten und Dividende kassieren |

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