Dass es da auch noch Unterschiede gibt, hätte ich nicht gedacht

Beitragsbild zum Steuersystem
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Was Banken angeht, sind wir ja schon Einiges gewohnt. Unterschiedliche Gebühren für den Wertpapierhandel und unterschiedliche Handelsplätze sind quasi der Standard.

Etwas kniffliger sind dann die Unterschiede bei den Quellensteuern von ausländischen Dividenden. Auch sie werden teilweise unterschiedlich je nach Bank auf die deutsche Kapitalertragsteuer angerechnet.

Und dann gibt es natürlich noch die Wechselkurse und die Wertstellungstermine, die sich bei Dividendenzahlungen in Fremdwährungen von Bank zu Bank unterscheiden können.

Bisher ging ich davon aus, dass es das mit den Unterschieden wäre. Aber denkste! Was mir noch aufgefallen ist, erfährst Du in diesem Beitrag. Und auch dieser Unterschied ist wieder bares Geld wert. Wenn auch nicht wirklich gravierend…

Die Differenzen bei der Umrechnung der Währung analysiere ich ja anhand der Realty Income-Aktie in einer Dauerstudie. Über den Ausgangspunkt habe ich hier ausführlich berichtet. Und hier habe ich das Jahr 2023 ausgewertet und die einzelnen Banken und Broker verglichen.

Darum soll es heute aber gar nicht gehen, sondern sozusagen um ein Abfallprodukt dieser Studie. Denn aktuell ist mir etwas aufgefallen, an dass ich selbst nicht gedacht hätte.

Es geht um die Berechnung der Abgeltungssteuer! Oder auch Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag genannt. Die Regel ist ja eigentlich klar: Vom Kapitalertrag, also der Brutto-Dividende, werden 25% Kapitalertragsteuer abgezogen. Und von diesen 25% dann noch mal 5,5% Soli.

Bei 100,00 € Dividende sind das also 25,00 € Kapitalertragsteuer und 1,375 € Solidaritätszuschlag. Und da fängt es schon an: werden dann 1,37 € oder 1,38 € Solidaritätszuschlag abgezogen? Okay, bei der „5“ als dritter Nachkommastelle kann man sicherlich diskutieren, ob man dann auf- oder abrundet? Schließlich gibt es da noch die Sonderform des symmetrischen Rundens.

Wie ist es denn, wenn es 99,45 € Dividende gibt? Dann sind es 24,8625 € Kapitalertragsteuer und 1,367 € Solidaritätszuschlag. Würde man da bei der Kapitalertragsteuer abrunden und beim Solidaritätszuschlag aufrunden?

Ich muss zugeben, ich habe mich damit bisher nie beschäftigt. Es geht ja auch nur um 1 Cent hoch oder runter. Aber irgendwie interessant ist die Frage schon. Und ich bin davon ausgegangen, dass es da einheitliche Regeln gibt. Schließlich gibt es auch die „kaufmännische Rundung“ und der Ausbildungsberuf heißt schließlich Bankkaufmann.

Aber offenbar ist das nicht der Fall! Als Beispiel habe ich hier die identischen Dividendenfälle von Realty Income zum Zahltag im April 2024. Einmal von der DKB (übrigens identisch mit der 1822direkt, der Tochter der Frankfurter Sparkasse). Und andererseits von der Merkur Privatbank. Beide nutzen offenbar im Hintergrund den gleichen Dienstleister, denn die Umrechnungskurse für die US-Dividende sind üblicherweise identisch. So auch in diesem Monat.

Dividende Realty Income im April 2024 DKB
Abrechnung DKB
Dividende Realty Income im April 2024 MERKUR PRIVATBANK
Abrechnung Merkur Privatbank

Bei beiden Banken habe ich 10 Aktien von Realty Income im Depot und in diesem Jahr auch keinerlei Handel getrieben und keinen Freistellungsauftrag hinterlegt. Die Dividendengutschriften sollten also eigentlich identisch sein.

Kurioserweise sind die Kapitalertragsteuer und der Solidaritätszuschlag jedoch bei der Merkur Privatbank um jeweils 1 Cent höher als bei der DKB. Das führt dann zu einer 2 Cent niedrigeren Netto-Dividende. Natürlich ist das nichts, worüber es sich aufzuregen lohnt. Die Abweichung kann ja auch nicht höher sein.

Und selbst wenn es jemanden gibt, der an jedem Tag des Jahres eine Dividendenzahlung erhält und sein gesamtes Depot bei der Merkur Privatbank hat, dann liegt sein „Schaden“ immer noch unter 8 €. Das sollte also wirklich kein Kriterium zur Auswahl der Bank sein.

Mir geht es bei meiner Beobachtung um etwas anderes: es ist so viel reguliert bei uns. Für alles gibt es Regeln und Auslegungshinweise. In diesem Punkt aber offenbar nicht. Und schon führt es dazu, dass es Banken unterschiedlich handhaben. Einmal zu Gunsten der Anleger und einmal zu deren Lasten.

Wie viele andere Punkte mag es noch geben, in dem ähnliche Entscheidungen getroffen werden? Und was davon kriegen wir niemals mit?

Zurück zur Abrechnung und deren Unterschieden: Realty Income zahlt eine monatliche Dividende von 0,257 US$. Bei 10 Aktien im Depot sind das 2,57 US$. Sie wurde von beiden Banken zum Kurs von 1,0677 in Euro umgerechnet. Die Details lassen sich aus den Abrechnungen erkennen.

Steuerabzug und Nettodividende bei der DKB
Steuerabzug und Nettodividende bei der DKB
Steuerabzug und Nettodividende bei der Merkur Privatbank
Steuerabzug und Nettodividende bei der Merkur Privatbank

Spannend sind lediglich 2 Zeilen, nämlich der Steuerabzug: Rechnen wir doch einmal genau nach: 25% von 0,93 € sind 0,2325 €. Die DKB rundet da auf 0,23 € ab, die Merkur Privatbank auf 0,24 € auf. Und der Solidaritätszuschlag von 5,5% wird dann bei der DKB auf die abgerundeten 0,23 € berechnet. Das Ergebnis sind 0,01265 € und die werden auf 0,01 € abgerundet. Die Merkur Privatbank hingegen errechnet den Solidaritätszuschlag aus den aufgerundetem 0,24 €. Das Ergebnis sind dann 0,0132 €. Und auch die werden wieder auf 0,02 € aufgerundet. Jeder Kaufmann hat da sofort Bauchschmerzen.

Ich habe versucht zu recherchieren, was denn nun richtig ist. Und im Ergebnis nichts Eindeutiges gefunden. In der Steuererklärung ist ja so, dass ich Einnahmen abrunden darf und Ausgaben aufrunden, wenn das Formular nur ganze Euro-Beträge annimmt. Und es gibt eine Regelung für die Banken selbst, wenn sie die Kapitalertragsteuer gesammelt für alle Kunden an die Finanzbehörden abführen. Das habe ich in § 44 Abs. 1 Satz 6 EStG gefunden: „Dabei ist die Kapitalertragsteuer, die zu demselben Zeitpunkt abzuführen ist, jeweils auf den nächsten vollen Eurobetrag abzurunden.“

Für das kaufmännische Runden gibt es mit DIN 1333 sogar eine eigene Industrienorm. Sie besagt, dass aufgerundet wird, wenn die Zahl an der ersten wegfallenden Dezimalstelle eine 5, 6, 7, 8 oder 9 ist. Ist sie eine 0, 1, 2, 3 oder 4, wird abgerundet.

Offenbar hält sich die DKB an die DIN-Vorgaben und die Merkur Privatbank nicht. Eine bessere Erklärung fällt mir dazu nicht ein.

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9 Gedanken zu „Dass es da auch noch Unterschiede gibt, hätte ich nicht gedacht“

  1. Das kurioseste, was ich in den letzten Wochen lernen durfte ist, dass Clearstream die Dividende für die deutsche Listung von MAIN (13M) und TSLX (1T6) an InteractiveBrokers angeblich nur in Aktienbruchstücken ausschüttet und nicht in Cash. Bei allen deutschen Brokern kam die Dividende jedoch immer brav in Cash an.
    Hat das schon mal jemand gehört? Ich kann dazu auch rein gar nichts im Netz finden.

  2. Ich habe ein Depot bei finanzen.net zero. Dort wurde bei Realty Income ein Dollarkurs von 1,065 angenommen. Datum vom Kontoauszug war der 17.04., reichlich spät. Witzig.

  3. Möglich wäre auch, dass das Abrechnungssystem sich im Hintergrund Bruchstücke merkt, sodass am ende bei der Jahressteuerabrechnung passt.

  4. Hallo Ben,

    ich kann nur spekulieren: DKB rundet, Merkur sagt, sobald die dritte Stelle größer 0 ist: aufrunden.

    Der Grund dürfte in den Kernsystem liegen, das die Bank nutzt. Früher hatte ich da mal mehr Einblick.
    Was ist ein Kernsystem? Es gibt verschiedene Hersteller, die quasi ein Framework für Banken bereitstellen. Dieses Framework kann für den Bankbedarf angepasst werden: Eigene Geldautomaten? integrierte Handelsplattformen?, etc.. So ein wenig SAP und ABAP.
    Übrigens: Bei einer Bank dauerte der Austausch des Kernsystems mal eben 2 Jahre Vorbereitung, da die dahinerliegenden Konten eben immer abweichen. Ich durfte das Projekt begleiten – ein Horror die Aufgabenstellung.

    Hinweis: Bei der Merkur müsste der Unterschied immer dieser 1 Cent Rundung ausmachen je Zahlung. Es hängt also von den Papieren und den Dividendenzahlungen im Jahr ab.
    Wer die KAP abgibt, erhält übrigens die restlichen Cent vom Staat zurück oder zahlt Centbeträge nach. ;) Es ist also nicht erforderlich, deswegen den Broker zu wechseln.

  5. Hallo Ben,

    das mit dem auf und abrunden habe ich schon lange festgestellt. Und zwar habe ich eine Exceltabelle. Aktuell für das Jahr 2024 mit den erhaltenen Dividenden und für das Jahr 2025 mit meiner Dividendenerwartung.

    Meine Erwartungshaltung für das nächste Jahr 2025 entspricht in der Berechnung exakt den Werten am Tag der Dividendenabrechnung. Also ich erwarte somit bei der gleichen Anzahl Aktien, die exakt gleiche Dividende. Ich rechne auch immer mit dem Wechselkurs am Tag der Dividendenzahlung. Kaufe ich über meine Sparpläne im Laufe des Jahres zu, ändere ich nur die Anzahl der Aktien in der Tabelle und meine Erwartungshaltung an die zu erwartende Dividende steigt anteilig. Ist ja logisch, mehr Aktien müssen mehr Dividende geben. Die restlichen Paramater bleiben in der Berechnung gleich. Das Ziel ist hier einfach festzustellen, ob ich die erwartete Dividende unter Berücksichtigung der nachgekauften Anteile schlagen kann oder nicht. Um die Erwartung zu schlagen, müssen also die Firmen die Dividende erhöhen oder sich bei ausländischen Dividenden die Wechselkurse zu meinen Gunsten verändern.

    Oder anders ausgedrückt, wer 100 Aktien hat und bekommt 100 EUR, hat zwar wenn er weitere 100 zukauft und dann im nächsten Jahr 150 EU bekommt, eine Dividendensteigerung von 50%. Meine Erwartungshaltung wäre aber EUR 200 gewesen. Also hat man zwar 50% Dividendensteigerung aber 25% unterhalb meiner Erwartung. Das ist der Grund für die Berechnung in der Exceltabelle. Und hier ist mir das mit dem 1 Cent schon lange aufgefallen.

    Und um das zu berechnen ist die Formel ganz einfach, wie von Dir beschrieben. Anzahl der Aktien multipliziert mit der Dividende pro Aktie (bei ausländischen Aktien mit dem Wechselkurs umgerechnet) abzügl. Quellensteuer, abzügl. Solidaritätszuschlag.

    Wenn ich also aktuell 100 Aktien habe und bekomme für diese die Dividende, dann gebe ich für das Jahr 2025 die Anzahl 100 ein mit der Formel wie oben. Also somit sind aktuell am Tag der Dividendenzahlung alle Parameter gleich, da sich ja der Bestand noch nicht geändert hat. Somit müsste also auch die zu erwartende Dividende exakt der aktuell gezahlten Dividende entsprechen. Excel rechnet und rundet jetzt mathematisch. Die Bank rundet anders, deshalb kommt es immer wieder zu Abweichnungen von 1 Cent zu meinen Ungunsten.

    Ich habe mir Gedanken gemacht woran das liegt. Naja das Problem dürfte sein, selbst wenn ich jeden Tag eine Dividendenzahlung erhalte, welche mit diesem Problem behaftet ist, dann ist das ein recht kleiner Betrag pro Jahr.

    Wenn die Bank aber jedesmal bei 0,5 Cent mathematisch aufrundet, bekommt man 0,5 Cent mehr. Und das bei Millionen Dividendenabrechnungen. Ich befürchte das addiert sich bei der Bank auf Millionenbeträge auf. Das könnte also der Grund sein, warum es hier die Differenzen zu unseren ungunsten gibt.

  6. Wie konntest du Realty Income bei der DKB kaufen? Bei mir funktioniert das nicht mit dem Hinweis, dass es sich dabei um einen alternativen Investmentfond handelt. Kamen die Anteile durch Depotübertrag bei Dir ins Depot?
    Danke für eine Antwort :)

  7. Ich tracke jeden Ertrag in Excel mit vorbelegten Formeln für die Steuerermittlung (inkl. anrechenbarer Quellensteuer). Da sind mir diese minimalen Abweichungen schon öfters aufgefallen.

    Allerdings wurden diese mit der Quartals-/Jahres-Steuernachermittlung wie dies manche Banken durchführen, wieder bereinigt und neu auf die Gesamtsumme errechnet. Dann kommt es zu einer Steuererstattung oder -nachzahlung.
    Oder das andere Verfahren wie ich es schon beobachte:
    Bei der nächsten Ertragszahlung wird wieder abgerundet, obwohl es mathematisch aufgerundet werden müsste. Dann findet der Ausgleich hierüber statt.
    Am Ende sind es für uns nur cent-Beträge, aber bankweit kann sich das aufsummieren.

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