Auf der Suche nach dem fairen Wert der USU-Aktie

Symbolbild zur USU Software mit Dividendenvorschlag
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Die USU Software AG ist das Unternehmen, mit dem ich mich in den letzten 18 Monaten am intensivsten beschäftigt habe. Es war die Ankündigung ihres Delistings, die meine Aufmerksamkeit brachte. Und es begann eine faszinierende Recherche, die mich oftmals ungläubig staunen ließ.

Immer wieder gab es Überraschungen: angefangen bei einem Delisting-Preis, der freiwillig und ohne nähere Begründung über dem gesetzlichen Mindestpreis lag. Weiter ging es mit einer Hauptversammlung, auf der der Mehrheitsaktionär seinen eigenen Dividendenvorschlag deutlich anhob. Bis hin zum stillen und vertraulichen Verkauf eines Teils des Geschäfts an den Investor Thoma Bravo.

Und nun folgt die nächste Stufe: die Einladung zur Hauptversammlung ist veröffentlicht worden. Und sie hat einige spannende Themen auf der Tagesordnung. Dazu gehört ein Dividendenvorschlag, der mehr als 50% der Marktkapitalisierung umfasst. Und ein Aktienrückkaufprogramm mit konkreten Aktienkursen für den Mindest- und den Maximalpreis.

Das ist an sich schon ungewöhnlich, aber noch nicht alles. Denn auch der Geschäftsbericht wurde veröffentlicht und er birgt ebenfalls einige Überraschungen.

Wie ich die einzelnen Themen aktuell einschätze und wie ich mich zur Hauptversammlung positioniere, erfährst Du in diesem Beitrag.

Transparenzhinweis

Ich halte Aktien der USU Software AG und es ist meine viertgrößte Depotposition. Dieser Beitrag ist deshalb nicht als objektiv zu werten, sondern selbstverständlich durch die Anlegerbrille gefärbt. Ich habe ein Eigeninteresse daran, einen möglichst hohen Erlös aus meinem Investment zu erzielen. Auch wenn ich versucht habe, die Fakten neutral darzustellen, kann sich ein komplett falsches Bild ergeben. Insbesondere ist dieser Beitrag keine Anlageempfehlung oder Anlageberatung. Er dient ausschließlich der Unterhaltung und hat den Zweck, Wissen über Vorgänge an der Börse zu vermitteln.

Wenn Du nun erstmals auf die USU Software AG aufmerksam wirst und Dich die Vorgänge interessieren, dann solltest Du zunächst – und zwar in dieser Reihenfolge – meine folgenden Beiträge aus 2024 lesen:

Was vom Delisting-Angebot für USU Software zu halten ist

Dieser Plan ist ein Meisterwerk

Du erfährst dann, mit welchen meisterhaft geplanten Schachzügen der Gründer und Mehrheitsaktionär der USU Software AG Udo Strehl die Möglichkeiten des Kapitalmarkts bis dato genutzt hatte.

Und nun startet das nächste Kapitel: die Veröffentlichung des Geschäftsberichts und die Hauptversammlung.

Einordnung

Durch das zum 2. Juli 2024 wirksam gewordene Delisting ist die USU Software AG nicht mehr offiziell börsennotiert. Die Transparenzvorschriften für börsennotierte Aktiengesellschaften gelten für sie nicht mehr. Sie muss deshalb lediglich noch einmal im Jahr eine Hauptversammlung abhalten und ihren Jahresabschluss offenlegen.

Es gab deshalb keine nennenswerte Investor Relations-Arbeit mehr, keine Zwischenberichte und auch keine belastbaren Infos zum Einstieg von Thoma Bravo in die USU GmbH. Und auch das Ausscheiden des Vorstandsmitglieds Dr. Benjamin Strehl (Sohn von Udo Strehl) war nur im Handelsregister zu finden.

Zwischenzeitlich wurde der Internetauftritt der USU-Gruppe neu gestaltet und die bisherige Webseite www.usu.com gehört nur noch zur verkauften USU GmbH. Aber immerhin finden sich auf der Webseite www.usu.ag noch ausgewählte Dokumente, z.B. auch die Einladung zur diesjährigen Hauptversammlung. Sie wird am 10. Juli 2025 als Präsenzveranstaltung stattfinden.

10-Jahres-Chart der USU Software AG
10-Jahres-Chart der Aktie der USU Software AG

Klarheit über die neue Struktur

Die USU Software AG hatte bisher ihr Geschäft in ein Service- und ein Produktgeschäft aufgegliedert. Das wurde 2024 auch rechtlich aufgeteilt und die 2 Gesellschaften stehen für die jeweiligen Bereiche:

Servicegeschäft: USU Digital Consulting GmbH – 100%ige Tochter der USU Software AG, Geschäftsführer ist Bernhard Oberschmidt, der auch CEO der USU Software AG ist.

Produktgeschäft: USU GmbH – mehrheitlich verkauft an Thoma Bravo, Geschäftsführer ist Dr. Benjamin Strehl, der inzwischen aus dem Vorstand der USU Software AG ausgeschieden ist.

Aus dem Geschäftsbericht wissen wir nun, dass die USU Software AG keine unmittelbare Beteiligung mehr an der USU GmbH hält. Sie hat sich jedoch in der Kette der kaufenden Gesellschaften an der ZUG UK HoldCo Ltd. mit 18,6% beteiligt. Sie ist damit weiterhin mittelbar an der USU GmbH mit 18,6% beteiligt.

Außerdem hat sie ein Verkäuferdarlehen in Höhe von 26,122 Mio. € gegeben. Über die Ausgestaltung eines solchen Darlehens schweigt der Geschäftsbericht. Es wäre aber keinesfalls ungewöhnlich, wenn dort noch gewisse Rechte, die über einen normalen Kredit hinausgehen, verankert sind. Das kann z.B. eine Möglichkeit sein, das Darlehen in Anteile zu wandeln oder bei einem Exit von Thoma Bravo besondere Leistungen zu erhalten.

Auszug aus dem Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Anlage 3/27
Quelle: Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Anlage 3/27

Übrigens: die Beteiligung an der Zug MEP Warehouse GmbH ist im Handelsregister nicht ausgewiesen. Dort wird seit November 2024 die Zug UK Investco Ltd. als Alleingesellschafter genannt (letzte Abfrage am 06.06.2025). Damit kann die USU Software AG zwar materiell Gesellschafter sein, kann ihre Rechte als Gesellschafter aber weder gegenüber der Gesellschaft noch Dritten geltend machen. Dazu gehört auch das Gewinnbezugsrecht. Ich gehe nicht davon aus, dass hier etwas vergessen wurde, sondern dass es ein Puzzleteil ist, um die Anteilsverhältnisse weiter zu verschleiern.

Der Kaufpreis für das Produktgeschäft

Bis heute nicht offen kommuniziert wurde der Verkaufserlös für das Produktgeschäft. Es gab lediglich eine Bloomberg-Meldung, die von einer kolportierten Bewertung von 200 bis 300 Mio. € schrieb. Dort stand allerdings auch, dass die USU Software AG rund 25% des USU-Produktgeschäfts behalten solle. Das hätte dann einem Erlös zwischen 150 und 225 Mio. € entsprochen.

Tatsächlich liegt die Beteiligung offiziell nur noch bei 18,6%. Das ist auch der Wert, mit dem ich aktuell rechne. Im Ablauf wurden zunächst 100% der Anteile verkauft und dann 18,6% an der Holding der Käuferkonstruktion erworben. Für diese Beteiligung wurden 1,278 Mio. € bezahlt. Was eine weitere Merkwürdigkeit darstellt. Denn das entspräche einer 100%-Bewertung von 6,87 Mio. € und kann nicht sein.

Addiere ich aber das Verkäuferdarlehen (26,122 Mio. €) und die Beteiligung (1,278 Mio. €), dann ergibt das den Betrag von 27,4 Mio. €. Interessanterweise passen die drei Nachkommastellen genau zusammen, um dann einen Betrag mit nur einer Nachkommastelle zu erhalten. Das spricht dafür, dass man erst die 27,4 Mio. € hatte und von dort aus dann eine Aufteilung in Eigen- und Fremdkapital vorgenommen hat.

27,4 Mio. € für 18,6% entsprechen dann einer 100%-Bewertung von 147,3 Mio. €. Das ist schon näher an den von Bloomberg genannten 200 Mio. € als Untergrenze, aber wohl immer noch nicht die ganze Wahrheit.

Eine weitere Annäherung ist über das Ergebnis aus aufgegebenen Geschäftsbereichen möglich. Aufgegeben wurde ja schließlich das Produktgeschäft. Ausgewiesen ist hier ein „sonstiger betrieblicher Ertrag“ von 170,473 Mio. € vor Steuern.

Auszug aus dem Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Anlage 3/51
uelle: Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Anlage 3/51

Aber auch dieser Betrag scheint noch nicht der Kaufpreis gewesen zu sein. Denn darin sind bereits die Transaktionskosten abgezogen.

Auszug aus dem Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Anlage 3/50
Quelle: Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Anlage 3/50

Und wir können davon ausgehen, dass in diese Transaktionskosten diverse Positionen hineingerechnet wurden. Allein die Beraterkosten dürften bei rund 2,5 Mio. € gelegen haben.

Auszug aus dem Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Seite 5
Quelle: USU Software Geschäftsbericht 2024, Seite 5

Nun ist der Gewinn aus dem Verkauf ja aber auch noch die Differenz zwischen dem Verkaufserlös und dem Buchwert der Beteiligung. Der Buchwert der Beteiligung an der USU GmbH betrug offenbar 55,948 Mio. €.

Auszug aus dem Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Seite 117
Quelle: USU Software Geschäftsbericht 2024, Seite 117 – die Qualität ist im Original so schlecht!

Damit ergibt sich folgende Rechnung:

ausgewiesener Ertrag vor Steuern: 170.473.000
Transaktionskosten:+ 2.500.000
Buchwert der Beteiligung: – 55.948.362
Kaufpreissumme: = 228.921.362

Diese 228,9 Mio. € erscheinen schon realistischer für die Bewertung von 100% an der USU GmbH. Aber auch das ist aus meiner Sicht noch nicht der Wert der gesamten Transaktion. Denn man muss ja auch noch berücksichtigen, dass die USU Software AG sich mit 18,6% mittelbar wieder an der USU GmbH beteiligt hat, dafür aber nur 1,278 Mio. € bezahlen musste. 18,6% von der errechneten Kaufpreissumme sind jedoch 42.579.373 €. Zieht man davon den tatsächlich bezahlten Betrag ab, ergibt sich eine Differenz von 41,3 Mio. € (exakt: 41.301.373).

Diesen Betrag muss man als „Geldwerten Vorteil“ (Begriff hier nicht steuerrechtlich gemeint, sondern zum besseren Verständnis) noch hinzuzählen. Und dann erhält man als Bewertung für das Produktgeschäft (100% der USU GmbH) einen Betrag von 270.222.735 €.

Ich gehe deshalb davon aus, dass die Bewertung bei 270 Mio. € lag.

Das passt dann auch sauber in die Bloomberg-Range und ist realistischer als der im Geschäftsbericht genannte Gewinnanstieg infolge des Verkaufs des Produktgeschäfts von 154,8 Mio. €.

Auszug aus dem Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Seite 5
Quelle: USU Software Geschäftsbericht 2024, Seite 5

vorgeschlagene Dividende von 14,50 €

Nach den Vorgängen auf der Hauptversammlung 2024 (die vorgeschlagene Dividende wurde von 0,55 € auf 1,70 € erhöht), hatte ich schon prognostiziert, dass mit einer hohen Ausschüttung auch auf der diesjährigen Hauptversammlung zu rechnen sein würde.

Der Dividendenvorschlag von 14,50 € hat mich dann allerdings auch überrascht. Denn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der HV-Einladung lag der Aktienkurs bei 24,10 €. Das würde also einer Dividendenrendite von 60% entsprechen. Und bei einem vollen Dividendenabschlag würde der Aktienkurs auf 9,60 € sinken.

Gleichzeitig bedeutet so eine hohe Dividende eine erhebliche Steuerlast für alle Anleger mit mehr als 138 Aktien (bei einem maximalen Freibetrag von 2.000 € als Verheiratete). Von den 14,50 € werden für Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag 3,82 € abgezogen.

Das Szenario sieht dann auf den ersten Blick so aus, dass der Aktienkurs eben nicht nur auf 9,60 € sinkt, sondern tatsächlich noch die Steuern abzuziehen sind und damit wirtschaftlich 5,78 € übrig bleiben.

Das vorgeschlagene Aktienrückkaufprogramm

Und diese 5,78 € passen wunderbar in die Range des unter Tagesordnungspunkt 9 angekündigten Aktienrückkaufprogramm:

Auszug aus der Einladung zur HV der USU Software AG, TOP 9

Danach erlaubt die Hauptversammlung einen Aktienrückkauf zum Preis von mindestens 5,00 € und maximal 6,50 €.

Und es gibt noch eine zweite Näherung: Das bilanzielle Eigenkapital der USU Software AG liegt bei 20,23 € je Aktie. Zieht man davon die vorgeschlagene Dividende von 14,50 € ab, landet man bei 5,73 €. Also ziemlich genau in der Mitte der Range des Aktienrückkaufprogramms.

Einschätzung zu Dividende und Aktienrückkauf

Die nackten Zahlen der Hauptversammlungseinladung suggerieren einen „fairen“ Wert für die Aktie von 19,50 € bis 21,00 €. Das ergibt sich aus der Addition der Beträge des Aktienrückkaufs und der vorgeschlagenen Dividende.

Und damit werden die Minderheitsaktionäre aufs Glatteis geführt und verunsichert. Wer den Steuernachteil der hohen Dividende vermeiden will, soll deshalb lieber vor der Hauptversammlung zu Kursen im Bereich von 25,00 € verkaufen.

Das ganze hat nur einen großen Haken: Wir sind hier immer noch im Rahmen eines meisterhaften Plans unterwegs, der mit der Delisting-Ankündigung begonnen hat. Damals (es hört sich schon so lange her an, war aber erst im März letzten Jahres) notierte die Aktie bei 16,50 €, das Delisting erfolgte dann zu 18,50 €. Die USU Software AG wurde damals insgesamt mit 185,7 Mio. € bewertet.

Ein halbes Jahr später wurde dann das Produktgeschäft der Gesellschaft allein mit 270 Mio. € bewertet. Das Servicegeschäft, das auch 40 Mio. € Umsatz macht, kommt ja noch hinzu.

Und ich bin überzeugt davon, dass der Großaktionär Udo Strehl hier weiterhin mit uns spielt. So wie der wahre Kaufpreis für das Produktgeschäft im Geschäftsbericht nicht genannt wurde, geht es nun nahtlos mit der Hauptversammlung weiter.

Das Aktienrückkaufprogramm ist absolut ungewöhnlich. Denn es ist nur für 1 Jahr gültig, üblich sind 3 oder 5 Jahre. Und es gibt keinerlei Ermächtigung zum Erwerb von Aktien über die Börse. Sondern nur über den öffentlichen Erwerb. Das bisherige Aktienrückkaufprogramm hatte sehr wohl den börslichen Erwerb vorgesehen, insofern ist das für die USU Software AG auch nicht unbekannt. Und schließlich ist die Nennung von konkreten Beträgen auch – meiner Kenntnis nach – einzigartig. Was es gibt, sind prozentuale Grenzen bezogen auf einen Kurswert. Da wird dann die Ermächtigung z.B. darauf begrenzt, dass der Preis nicht mehr als 10% über dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Angebots betragen darf.

Die Nennung dieser Mindest- und Maximal-Beträge macht auch wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn. Denn angenommen, der Aktienkurs läge nach der Hauptversammlung bei 1,00 € – warum sollte dann ein Rückkauf zu 5,00 € erfolgen? Und wenn der Aktienkurs bei 9,00 € läge – wer würde dann das Rückkaufangebot zu 6,50 € annehmen?

Für mich fällt der Vorschlag in der Hauptversammlungseinladung deshalb schon fast in die Kategorie Kursmanipulation. Hier wird bewusst ein Anker gesetzt, um den Aktienkurs nicht steigen zu lassen.

Denn eigentlich hätte der Aktienkurs angesichts der Veröffentlichung des Geschäftsberichts und der Bestätigung, dass es einen wesentlichen Kaufpreiserlös für das Produktgeschäft gab, deutlich ansteigen müssen. Und damit wäre es für den Großaktionär Udo Strehl mit seiner AUSUM GmbH bzw. der NUNUS GmbH aber einfach teurer geworden, die restlichen Aktien zu erwerben.

Ich rechne deshalb mit allem auf der Hauptversammlung! Der Dividendenvorschlag von 14,50 € könnte deutlich niedriger beschlossen werden. Ausreichend für den Großaktionär, um die gesamte Finanzierung aus dem Delisting-Übernahmeangebot abzulösen, wäre eine Dividendenzahlung von 6,00 €. Genauso könnte er aber auch noch höher sein, um den Aktienkurs in Richtung der Beträge des Aktienrückkaufprogramms zu drücken.

Aber auch beim Aktienrückkaufprogramm lassen sich per Änderungsantrag natürlich ebenfalls die Beträge während der Hauptversammlung beliebig anpassen.

Und bis dahin sammelt der Großaktionär womöglich über die Börse Hamburg weiter Aktien von verunsicherten, abgebenden Aktionären ein…

Der faire Wert der USU-Aktie

Natürlich stellt sich die Frage, welcher Aktienkurs denn aktuell für die USU Software AG-Aktie angemessen wäre.

Das ist natürlich eine gewisse Kaffeesatzleserei, da wir die Verträge mit Thoma Bravo nicht kennen. Und eigentlich müsste man eine Ertragswertberechnung vornehmen, für die man die mittel- und langfristige Planung mit den wesentlichen Ertrags- und Kostenpositionen kennen muss. Das ist so natürlich nicht möglich. Trotzdem will ich versuchen, mich einem fairen Wert zu nähern.

Ich versuche es mit einer Art Sum-of-the-Parts-Bewertung und sehe dabei die folgenden wesentlichen Vermögenspositionen:

Kassenbestand168,039 Mio. €
Verkäuferdarlehen26,122 Mio. €
18,6% mittelbarer Anteil an der USU GmbH (bei 270 Mio. € Bewertung)50,22 Mio. €
100% direkter Anteil an der USU Digital Consulting GmbH (Firmenwert lt. Geschäftsbericht)4,019 Mio. €
Summe248,4 Mio. €
bei 10.036.484 Aktien24,75 € je Aktie.

Diese Berechnung hat aber zunächst den Haken, dass damit die Zukunftsaussichten der USU GmbH nur unzureichend berücksichtigt sein dürften. Denn Thoma Bravo setzt ja alles daran, die Bewertung zu vervielfachen. Aber das ist die Zukunft und innerhalb von nur einem halben Jahr seit dem Verkauf kann man die bisherige Bewertung durchaus ansetzen.

Viel wesentlicher ist aber, dass hier nur der bilanzielle Firmenwert der USU Digital Consulting GmbH ausgewiesen ist. Er ist mit 0,40 € in die Rechnung eingeflossen. In der Realität ist der Wert des Servicegeschäfts deutlich höher.

Es handelt sich dabei um ein Wachstumsgeschäft, das vom Vorstand selbst mit ansehnlichen Wachstumsraten geplant wird:

Auszug aus dem Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Anlage 3/25
Quelle: Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Anlage 3/25

Die USU Digital Consulting GmbH erzielte in 2024 ein Jahresergebnis von 2,86 Mio. €, das an die Mutter abgeführt wurde. Nach der Abführung liegt das Eigenkapital bei 4,263 Mio. €, was einer beachtlichen Eigenkapitalrendite von 67% entspricht.

Auszug aus dem Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Seite 113
Quelle: Geschäftsbericht der USU Software AG für 2024, Seite 113

Das Jahresergebnis wurde aber durch die einmaligen Aufwendungen aus der gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung gedrückt. Denn das Servicegeschäft wurde ja von der USU GmbH auf die USU Digital Consulting GmbH ausgegliedert. Die „sonstigen betrieblichen Aufwendungen“ der fortgeführten Geschäftsbereiche sind entsprechend um 629 T€ gestiegen. Bereinigt beträgt das Jahresergebnis deshalb 3,489 Mio. €. Und es bezieht sich nur auf das zweite Halbjahr 2024, da erst zu diesem Zeitpunkt die Ausgliederung wirksam wurde. Das tatsächliche Jahresergebnis ist deshalb in etwa doppelt so hoch: 6,978 Mio. € – wenn man keine Saisonalität im Servicegeschäft unterstellt.

Welche Bewertung für das Servicegeschäft angemessen sein könnte, ist ohne tiefere Analyse allerdings schwer zu sagen. Jedenfalls scheint mir das geplante Wachstum der USU Digital Consulting GmbH gegenüber dem Marktdurchschnitt nicht abzufallen, was schon mal für eine höhere Bewertung spricht. Laut der soeben veröffentlichten Lünendonk-Listen steigerten die Top 25 IT-Service-Unternehmen ihren Umsatz in 2024 um 4,8%. Börsennotierte Unternehmen sind dabei die Datagroup, All for One und q.beyond. Sie haben aktuell ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 0,53 (All for One, KGV von 17) über 0,56 (q.beyond) bis zu 0,86 (Datagroup, KGV von 19).

Bei 40 Mio. € Umsatz der USU Digital Consulting GmbH würde das zu einer Range zwischen 21,2 Mio. € und 34,4 Mio. € führen. Bezogen auf das Jahresergebnis wäre das aber nur ein KGV zwischen 3 und 5.

Über „den großen Daumen“ halte ich eine Bewertung mit dem 10-fachen Jahresergebnis, entsprechend 69,78 Mio. €, im Vergleich für gerechtfertigt. Damit bewegt sich das Geschäft ungefähr im oberen Bereich dieser kleinen Peer Group.

Die Tabelle sieht damit so aus:

Kassenbestand168,039 Mio. €
Verkäuferdarlehen26,122 Mio. €
18,6% mittelbarer Anteil an der USU GmbH (bei 270 Mio. € Bewertung)50,22 Mio. €
100% direkter Anteil an der USU Digital Consulting GmbH (Bewertung anhand Peer Group)69,78 Mio. €
Summe314,161 Mio. €
bei 10.036.484 Aktien31,30 € je Aktie.

Mit diesen 31,30 € je Aktie ist man aus meiner Sicht auf der „sicheren“ Seite. Die über die Bewertung zum Verkaufszeitpunkt hinausgehenden Zukunftsaussichten der mittelbaren Beteiligung an der USU GmbH sind da noch nicht enthalten. Und deshalb kann man auch eher einen Aufschlag beim Aktienkurs auf diesen Wert annehmen. Gleichzeitig ist aber auch ein Abschlag für die mangelnde Transparenz gerechtfertigt. Denn im regulierten Markt notierte Aktiengesellschaften berichten offener und regelmäßiger und es ist leichter, sich ein aktuelles Bild zu machen.

Bei der USU Software AG werden wir hingegen wieder bis zur Hauptversammlung 2026 warten müssen, um etwas über die geschäftliche Entwicklung zu erfahren. Und aufgrund des Beteiligungskonstrukts werden wir dann über das Produktgeschäft gar nichts mehr hören.

Das Servicegeschäft wird aber nach meiner Einschätzung weiter forciert werden. Denn hier hat die Familie Strehl noch den vollen Zugriff und will den Unternehmenswert weiter steigern. Seit Februar 2025 ist jetzt auch der mittlere Sohn Daniel Strehl als Director Cloud Business für die USU Digital Consulting GmbH tätig.

Sollte es wirklich zu einer Dividendenzahlung von 14,50 € kommen, dann liegt der faire Wert im Anschluss aus meiner Sicht bei 16,80 €. Und damit rund dreimal so hoch wie die vorgeschlagenen Preise für das Aktienrückkaufprogramm.

Ich selbst werde übrigens auch bei einem Aktienkurs von 31,30 € vor der Hauptversammlung nicht verkaufen. Dafür sind mir noch zu viele Informationen offen und ich hoffe, dass es dazu Antworten auf der Hauptversammlung geben wird.

Denn generell gilt, dass eine gute Bilanz in Wirklichkeit noch viel besser ist. Und eine schlechte Bilanz noch deutlich schlechter. Hier haben wir es schon mit einer sehr guten Bilanz zu tun, die Realität dürfte sogar exzellent sein.

Und gerade das macht es dann für den Großaktionär Udo Strehl und seine Familie so interessant, hier weiter zu verwirren und zu täuschen. Denn am Ende des Tages wünschen sie sich einen niedrigen Aktienkurs, um günstig an die noch ausstehenden Aktien zu kommen. Und über kurz oder lang wird es dann wohl auch auf einen Squeeze-Out hinauslaufen. Zu dem dann aber ein Gutachten über den Wert des Unternehmens erstellt werden muss, das einer gerichtlichen Nachprüfung unterliegt.

Auf einen Blick:

Unternehmen:USU Software AG
ISIN:DE000A0BVU28
Im Divantis-Depot seit:27.03.2024
Letzter Nachkauf am:22.05.2025
Stückzahl im Divantis-Depot:1.500
Durchschnittskaufkurs inkl. Gebühren:21,08 €
Gesamtkaufpreis:31.621,85 €
Bisher erhaltene Netto-Dividenden:375,50 €
Aktuelle Strategie:Halten und Dividende kassieren

für diesen Beitrag verwendete Quellen:
Mitteilung nach § 125 Aktiengesetz inklusive Tagesordnung (Einladung zur Hauptversammlung)
Geschäftsbericht 2024 der USU Software AG inklusive Jahresabschluss 2024 und Konzernabschluss 2024
Ad hoc-Mitteilung vom 12. März 2024 zur Planung des Delistings
Ad hoc-Mitteilung vom 23. April 2024 zum Abschluss einer Delisting-Vereinbarung
USU Software : Thoma Bravo erwirbt Mehrheitsbeteiligung an USU-Produktgeschäft
Thoma Bravo to Buy Majority Stake in German IT Firm USU Product

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9 Gedanken zu „Auf der Suche nach dem fairen Wert der USU-Aktie“

  1. Vielen Dank für die Zusammenfassung der Fakten bzw. der Darstellung deiner Überlegungen, die sehr plausibel sind. Im Zusammenhang mit dem möglichen ARP würde ich noch die Überlegung ins Spiel bringen, dass die dargestellte Ausgestaltung in der HV-Einladung nur die vorbereitende Maßnahme für einen Aktienrückkauf von Strehl selber sein könnten. Das würde bedeuten, dass die in der Einladung dargestellte Ausgestaltung in der Tat nur die Funktion der Kursfixierung hätte. Dann passt auch die Dividendenhöhe, denn alles was über 6€ Dividende hinausgeht, könnte zum Zukauf von Aktien verwendet werden.

    Des Weiteren möchte ich zum größtenteils verkauften Produktgeschäft noch hinweisen, dass in der zweiten Jahreshälfte 2024 sehr viele Adhoc-Mitteilungen zu Auftragseingang veröffentlicht wurden. Die wurden komischerweise noch nach dem Delisting vermeldet. Eine Pflicht zur Mitteilung bestand da schon nicht mehr. Das endete dann auf einmal abrupt, als ob Strehl dann festgestellt hat, dass es gar nicht mehr erforderlich ist. Sollten die Auftragseingänge so weitergegangen sein, so könnte man auch noch mit einem höheren Wert des verbliebenen Produktgeschäfts kalkulierten.

    1. Hallo Andreas,

      vielen Dank für Deine Aspekte. Es ist ein bißchen wie beim Schach: man muss mehrere Züge im Voraus denken und sich überlegen, was der Andere wohl mit dem zuletzt bekannten Zug bezweckt.
      In der angenommenen Bewertung von 270 Mio. € für die USU GmbH sind ja schon gewisse Wachstumsannahmen impliziert. Üblicherweise plant der Verkäufer mit dem berühmten Hockey-Stick, um den maximalen Wert zu erreichen. Die Auftragseingänge der letzten Zeit sollten da tendenziell enthalten sein. Interessanter für die Bewertung finde ich die Transaktionen, die in den letzten Monaten für SaaS-Unternehmen stattgefunden haben. Da werden Multiplikatoren aufgerufen (z.B. 30x EBITDA für Apryse), die schon in einigen Jahren die Bewertung für die USU GmbH explodieren lassen könnten.
      Die Dividendenzahlung wäre bei 14,50 € so hoch, dass Udo Strehl bzw. AUSUM und NUNUS die gesamte Finanzierung aus dem Delisting ablösen können, alle ausstehenden Aktien zurückkaufen könnten (theoretisch, aber sie kommen nur über einen Squeeze-Out an alle Aktien) und noch gute 80 Mio. € übrig hätten.

      Viele Grüße Ben

  2. Wow, Ben. Bin gespannt, welchen Preis dieser Blog von Dir noch gewinnen wird. Bei einem finanz blog award kann es eigentlich gar nicht bleiben.

  3. obwohl Ben das Thema USU schon lange (transparent) bearbeitet, ist es an mir vorbeigegangen. Schade. Er hat ja lange genug groß mit beiden Händen und dem Zaunspfahl gewedelt.
    Schaue jedenfalls mal, ob die ING oder 1822 direkt auch Hamburg als Handelsplatz anbietet ;-)
    Je tiefer man hier eintaucht, um so mehr sieht man, das die relativ unbekannte USU wohl doch einen festen Nischenplatz auch international mit vielen bekannten Großkunden und zum Teil auch Behörden hat. Scheint auch plausibel und nicht nur schick gemachte Websites zu sein.
    Wir kennen uns in der Struktur der analogen Welt einigermaßen aus, aber in der Struktur der schnell wachsenden digitalen Welt kaum.
    Strehl (und Familie) ist hier ein ganz alter Hase, der genau weiß, wo es lang geht
    und die Entwicklung von der Pike auch gelernt, gelebt, selbst gesteuert, und nativ mitten drin steckt.
    Produkte zu verkaufen und zu entwickeln, ja, aber das Servicegeschäft hintendran ist mindestens genauso fett, wenn nicht sogar noch mehr. Mit Lizenzgebührenmanagement kennt er sich aus ;-))
    Und hier ist KI wahrscheinlich wesentlich effizienter und produktiver als in einer Colabrauerei.

    Könnte für Ben einer der größeren Deals gewesen sein, und auch weiter bis zum bitteren Ende zu halten dürfte nicht uninteressant werden.

    Quintessenz: Respekt, EQS newsfeed ab zu mal lesen und
    umso wichtiger wird es sein, diesen Blog auch in Zukunft sorgfältig zu lesen :)

    1. witzigerweise lese ich gerade, das EQS auch komplett Thoma Bravo gehört …
      ist vielleicht Schnee von gestern, aber immerhin…
      an Thoma Bravo kann man sich nicht direkt beteiligen,
      jedenfalls nicht unsere Kragenweite. Alles closed funds.
      Private Equity gibt es viel und vieles, die stecken ihre Nase überall rein, aber im IT-Technologie Bereich scheint Thoma Bravo führend zu sein und hat seine Nase ganz tief drin.
      ganz interessant
      https://fortune.com/2024/02/28/thoma-bravo-tech-deals-2021-bubble-vista-equity-robert-smith/
      aber es ist von Anfang 24, mittlerweile ist Thoma Bravo Fund XVI closed und für weitere wird aquiriert…

  4. @Ben

    Glaubst du bei Centrotec ist auch so ein Meisterwerk wie bei USU geplant?
    Deine Einschätzung zu dem Fall würde mich sehr interesieren.

  5. Hallo Martin,

    auch wenn du nicht mich gefragt hast, würde ich dir zu Centrotec eine Antwort geben. Guido Krass hat das Meisterstück bereits fast vollständig verbracht. Sein Vorgehen ist/war außerordentlich geduldig und effektiv. Gutes Timing beim Delisting, perfektes Timing beim Verkauf des Heizungsgeschäft mit rechtzeitigen Einsammeln von Aktien bei größeren Aktionären. Dann die zermürbenen Aktienrückkaufprogramme. Lediglich das letzte mit den stark gestiegenen Kaufkursen hat mich gewundert. Jedenfalls sollte er die Schwelle von 90% übersprungen haben und squeeze out-fähig sein. Ein SO würde insofern jetzt Sinn machen, da der Aktienkurs der Beteiligung noch recht tief ist und somit einen SO im Bereich 75€ hinbekommen könnte. Ansonsten kann er auch seine Käufe über ARP in Verbindung mit Käufen über das Geld seiner Anleihe einfach fortsetzen.

    Beste Grüße

  6. Sobald über die 14,50€ Dividende bei der HV abgestimmt wurde wissen wir ein klein wenig mehr ;-)
    und sind gespannt auf den nächsten Taschenspielertrick.

    Ich hoffe mal „Taschenspielertrick“ geht noch als Meinungsäußerung durch für das Hütchenspiel bei der 2024 gezahlten Dividende.

  7. Die Frage ist wirklich, wie sich die Digital Consulting GmbH in Zukunft entwickeln wird. Sind hier wirklich so viele versteckte Werte und noch Potenzial drin? Ganz schwer einzuschätzen ohne die Transparenz am Kapitalmarkt. Wann kommt der Squeeze-Out. Wissen wir auch nicht.

    Die hohe Dividende bringt viel Cash in die Kasse aller Aktionäre. Dies könnte den Preis der Aktie weiter nach oben treiben.

    Die ganze Geschichte ist eine ziemliche Black Box. Clever gemacht, ohne Frage.

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