Dividendenabschlag nach einem Tag aufgeholt – so wünsche ich mir das!

4.5
(26)

Die Debatte ist so alt wie die Börse selbst: Ist es besser, wenn ein Unternehmen seine Gewinne ausschüttet oder sie thesauriert? Unbestritten gibt es einen Steuervorteil, wenn keine Dividende gezahlt wird und stattdessen z.B. Aktien zurückgekauft werden. Denn dann wird die Ausschüttung auf Ebene der Aktionäre nicht versteuert – weil es ja keine Ausschüttung gibt.

Und das wichtigste Argument gegen Dividendenzahlungen ist in der Regel, dass ja nichts gewonnen ist. Denn der Aktienkurs gibt am exDividende-Tag um den Betrag der Dividende nach. Weil der Coupon von der Aktie getrennt wird und somit das Paket weniger wert ist.

In der Theorie ist das auch absolut zutreffend. Meine jahrelangen Beobachtungen sind allerdings deutlich differenzierter. So kann der Dividendenabschlag teilweise auch höher ausfallen, wenn Dividendenjäger die Aktie am ex-Tag abstoßen. Bei niedrigen Quartalsdividenden, gerade bei US-Werten, ist er hingegen oft gar nicht wahrnehmbar.

Ein besonderes Phänomen fand aber nun bei einer Aktie statt, die ich erst im letzten Dezember nachgekauft hatte. Und die seitdem rund ein Viertel im Kurs zugelegt hat. Sie zahlte nun eine spürbare Dividende, die den Kurs aber lediglich für einen Tag belastete. Bereits am Folgetag war der Dividendenabschlag komplett wieder aufgeholt!

Ich selbst hatte den Kurs nicht am exTag beobachtet und mich deshalb gewundert, ob womöglich der Dividendentermin verschoben wurde. Aber nein, alles lief wie verkündet.

Und damit war das diesmal eine besondere Zahlung! Dividende in Rekordhöhe und der Aktienkurs trotzdem nach Zahlung auf All-Time-High.

Alle Details dazu und zu den Perspektiven des Unternehmens erfährst Du in diesem Beitrag.

Manchmal trommele ich tatsächlich für eine Aktie. Mein Trommeln ist dann zwar immer noch keine Empfehlung, denn ich betreibe ja keine Anlageberatung. Aber aus meinen Beiträgen ist eine große Überzeugung über die Marktstellung des Unternehmens, das Management und eine gewisse Unterbewertung des Aktienkurses herauszulesen. Und wenn ich dann noch einen Nachkauf tätige, wie zuletzt im Dezember 2022, dann kannst Du das leicht entsprechend interpretieren.

Genau so war es beim französische Infrastrukturunternehmen VINCI. Die Aktie habe ich hier ausführlich vorgestellt.

Bis zum Corona-Crash hatte VINCI eine stetige Aufwärtsentwicklung gezeigt und sich dann lange Zeit im Aktienkurs nicht vollständig erholt. Obwohl die Geschäftszahlen schon wieder besser als vor der Pandemie waren. In diesem Jahr ist nun das bisherige Hoch überschritten worden und die Aktie notiert auf Allzeithoch:

VINCI im 10-Jahres-Chart
VINCI im 10-Jahres-Chart

Dividende

VINCI zahlt nun eine Dividende von 3,00 € je Aktie. Letztes Jahr im April wurden 2,25 € gezahlt – somit ist das eine Erhöhung um 33,3% oder 0,75 €. Für die nun dividendenberechtigten 140 Aktien in meinem Depot bedeutet das eine Brutto-Dividende von 420,00 €. Wie üblich zieht der DKB-Broker (anders als die anderen Banken!) nur 12,8% Quellensteuer ab und rechnet sie voll auf die deutsche Kapitalertragsteuer an. So erhalte ich eine Netto-Dividende von 312,19 €. Sie wurde mit Wertstellung 27.04.2023 überwiesen.

VINCI Dividende im April 2023

Der Dividendenabschlag ist auf dem obigen Langfristchart nicht erkennbar, da ist ein Blick auf den 1-Monats-Chart notwendig. Und der Zacken nach Unten zeigt dabei wirklich nur einen Tag:

VINCI im 1-Monats-Chart
VINCI im 1-Monats-Chart

Zur Verdeutlichung noch die Schlusskurse der kompletten Handelswoche mit der Dividendenzahlung in absoluten Zahlen:

24.04.23: 111,08 €
25.04.23: 108,70 € (ex-Dividende)
26.04.23: 111,44 €
27.04.23: 111,14 €
28.04.23: 112,20 €

Perspektiven

VINCI zahlt im April die Schlussdividende für das abgelaufene Geschäftsjahr, im November folgt dann eine Zwischendividende für das aktuelle Geschäftsjahr. Die jetzt gezahlten 3,00 € sind eine Rekordzahlung im April für VINCI. Und es sollte ein Leichtes sein, mit der Novemberdividende auch eine deutliche Dividendensteigerung für das gesamte Jahr zu schaffen. Denn zuletzt wurden 1,00 € im November ausgeschüttet. Die Dividendenhistorie für die letzten Jahre – bei mir zählt das Jahr der Dividendenzahlung – sieht damit so aus:

20172,16 €
20182,51 €
20192,71 €
20201,25 €
20212,69 €
20223,25 €
20233,00 € + Zahlung im November

Das Corona-Jahr 2020 liegt damit nun wirklich hinter uns. Die Dividendenkürzung war politisch beeinflusst und ich bin weiterhin sehr zufrieden, dass ich damals nicht verkauft habe. Denn genau das zahlt sich jetzt aus!

VINCI hat in den ersten Monaten des Jahres 2023 einen Total Return von mehr als 22% in meinem Depot geschafft. Und ist damit mein fünfbester Titel in diesem Jahr. Gefühlt jedoch unter dem Radar der Anleger und ohne großen Diskussionen. Dabei liegt die Aktie in der Entwicklung z.B. gleich auf mit Novo Nordisk.

Was macht VINCI nun so attraktiv? Aus meiner Sicht ist es immer noch die Aufholung des Corona-Kursrutsches. Viele andere Aktien waren schon viel früher wieder auf ihren vorherigen Höchstständen angekommen. VINCI hat sich damit sehr viel Zeit gelassen.

Wohlgemerkt: die VINCI-Aktie, nicht das Unternehmen. Denn die Geschäftszahlen waren ja schon wieder sehr gut. Und bergen – das ist der zweite Grund für die positive Performance – trotzdem noch weiteres Erholungspotenzial.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr wuchs der Umsatz von VINCI um 24,9%. Mit 61,7 Mrd. € übertraf er den Vor-Pandemie-Wert von 2019 (48,0 Mrd. €) deutlich. Und auch der Gewinn je Aktie legte mit 7,47 € um 65,6% zu. Und er übertraf erstmals wieder das Niveau von 2019 (5,82 €).

Und das gleichzeitig bei niedrigerem Schuldenstand und höherem Free Cash Flow! Die Nettoverbindlichkeiten gingen von 2019 bis 2022 von 21,6 Mrd. € auf 18,5 Mrd. € zurück. Bei einem EBITDA von 10,2 Mrd. € ergibt das einen entspannten Verschuldungsgrad von 1,8. Der Free Cash Flow erhöhte sich in diesem Zeitraum von 4,2 Mrd. € auf 5,4 Mrd. € – ebenfalls ein Rekordstand.

Das Jahr 2022 markierte auch im Übrigen einen Meilenstein für VINCI: Erstmals wurde die Mehrheit (54,7%) des Umsatzes außerhalb Frankreichs erzielt. VINCI ist damit zu einem „europäischen Unternehmen“ geworden, denn der weitere Umsatzanteil Europas (ohne die 45,3% aus Frankreich) beträgt 32,7%. Die restlichen 22,0% des Umsatzes werden schwerpunktmäßig in Nordamerika (8%) und Mittel- und Südamerika (5,4%) erzielt.

Alle Geschäftsbereiche sind mittlerweile oberhalb ihrer Vor-Corona-Levels angekommen. Der Bereich Concessions liegt 7,2% über 2019, wobei das Mautgeschäft (Autoroutes) auf ein Plus von 7,3% kommt und die Flughäfen mit +1,8% noch Erholungspotenzial haben. Da es in Asien zu Beginn des Jahres 2022 noch Reisebeschränkungen gab, sollte genau hier noch weiteres Wachstum für 2023 vorprogrammiert sein.

Bei der Prognose für das laufende Jahr 2023 ist das Management vorsichtig optimistisch. Es wird nicht mehr so ein dynamisches Wachstum wie im Vorjahr erwartet, aber immer noch leichte Zuwächse.

Bei den Mautstraßen soll das Niveau von 2022 gehalten werden, die Flughäfen sollen sich weiter erholen. Wachstum wird auch im Bereich erneuerbarer Energien gesehen – hier wird sukzessive ein größeres Portfolio aufgebaut. Es soll Ende 2023 bereits 2 GW Kapazität umfassen. Zum Vergleich: das entspricht dann ungefähr der Hälfte der aktuellen Kapazität des reinen Windparkbetreibers Greencoat UK Wind, die ich einige Zeit im Depot hatte und immer mal wieder an einen Wiedereinnsteig denke. Aber mit VINCI und der BayWa decke ich diesen Bereich auch schon gut ab.

Für mich ist die VINCI-Aktie weiterhin ein Kandidat für eine ordentliche Entwicklung in der nächsten Zeit. Infrastruktur ist bei Investoren weiterhin gefragt, da sie als nicht konjunkturabhängig gilt und einen gewissen Inflationsschutz bietet. Allerdings ist die Aktie nun in den letzten Monaten wirklich gut gelaufen.

Ich erwarte deshalb zunächst eine Konsolidierung auf diesem erhöhten Niveau. Ende Juli wird VINCI dann seine Halbjahreszahlen veröffentlichen. Dann wird es auch belastbarere Aussagen zur Prognose geben. Ich erwarte mir, dass sie dann angehoben werden wird. Denn nach allem, was ich so höre, reisen die Menschen in diesem Jahr wieder sehr, sehr viel. Und das dürfte dann sowohl auf den Mautstraßen als auch an den Flughäfen für ein Aufkommen sorgen, das über den Erwartungen liegt.

Somit glaube ich, dass die VINCI-Aktie 2023 deutlich positiv abschließen wird. Und sogar in der zweiten Jahreshälfte noch mal etwas zulegen kann. Aber für mich selbst sehe ich keinen kurzfristigen Nachkaufimpuls. Das liegt aber einzig und allein daran, dass ich ja im Dezember nachgekauft hatte und durch die jüngste Performance der Depotanteil bereits auf 3,6% gestiegen ist. Ändern könnte sich das dann aber Ende Juli, bei entsprechend guten Halbjahreszahlen. Dann würde ich womöglich noch mal 10 Aktien nachlegen, um meine „Zielposition“ von 150 Stück zu erreichen.

Auf einen Blick:

Unternehmen:VINCI
ISIN:FR0000125486
Im Divantis-Depot seit:25.08.2016
Letzter Nachkauf am:15.12.2022
Stückzahl im Divantis-Depot:140
Durchschnittskaufkurs inkl. Gebühren:80,19 €
Gesamtkaufpreis:11.226,01 €
Bisher erhaltene Netto-Dividenden:1.555,00 €
Aktuelle Strategie:Bei Kursschwäche nachkaufen

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?

Dann bewerte ihn mit einem Klick!

Durchschnittliche Bewertung: 4.5 / 5. Anzahl der Stimmen: 26

Gib die erste Bewertung für diesen Beitrag ab!

Schade, dass Dir der Beitrag nicht gefallen hat!

Unterstütze die Qualitätsverbesserung!

Möchtest Du mir einen Hinweis geben, was ich besser machen kann?

3 Gedanken zu „Dividendenabschlag nach einem Tag aufgeholt – so wünsche ich mir das!“

  1. Hallo Ben,

    vielen Dank für Vinci ;) Nach Lesen Deines Blog bin ich auf dieses Unternehmen gestoßen und habe zu Beginn 2019 gekauft und beim Corona-Absturz nachgekauft. Der Nachkauf basierte auf „Corona wird vorbeigehen“ … Es bedurfte dennoch gewisser Geduld.
    Mir gefällt das Unternehmen und deren Auszahlungspolitik – trotz Dividendenkürzung. Diese Kürzung sah ich sogar als „positiv“ für das Unternehmen und deren Entscheidungen. Manchmal benötigt man einfach Ruhe im Depot, langsames stetiges Wachstum, 2-mal im Jahr draufschauen und gut ist es. Und nein, Vinci ist nicht unbedingt ein Wachstumstitel im klassischen Sinne.

  2. Powell scheint ungerührt alle seine Regionalbanken in die Tonne treten zu wollen.
    Western Alliance nur heute -35% PacWest -50% etc etc. Das sind nicht kleine Dorfbanken, sondern es geht (fast) sauber die Liste der Top 25 Regionalbanken von oben runter. Immer wenn eine Bank fertig/kaputt ist, kommen die nächsten dran. Da will keiner mehr Aktien davon haben. Weiß nicht ob man es mit Sparkassen und den Volks und Raiffeisenbanken hier in D vergleichen kann, als wenn die der Reihe nach umfallen.
    Ich glaube, das halten die nicht lange durch. Das sind massive Verschiebungen hin zu den Großbanken die qua Definition too big to fail sind. Gold ist (ich will nicht langweilen damit) sowohl in Euro und Dollar kurz vorm Alltimehigh und wenn ich zocken würde, würde ich auf Gold long setzen, wegen der massiven Verunsicherungen im Bankensektor. Es ist ein Machtkampf, der Markt will die Fed umkehren sehen, weil es vielleicht die eine Zinserhöhung zu viel war oder der Markt definitiv eine Zinssenkung noch in diesem Jahr sehen will.
    In dem Tempo können die die ganze US – Bankenlandschaft nicht untergehen lassen.
    Das schlimme ist, das in USA-Finanzbehörden jeder so tut, als ob er nicht dafür zuständig ist und es sie nichts angeht und so wird es einfach laufen gelassen.
    OK nicht mein Problem (Gottseidank), aber ich denke das über kurz oder lang, das sich die FED klar positionieren muß. Bis zur nächsten Sitzung im Juni dauert das nicht mehr, wenn es so weiter geht.
    Ich kann falsch liegen. Kann sein.

  3. Hallo Ben,

    um deine Worte aufzunehmen, dein „Trommeln“ für Vinci hat mich inzwischen auch für das Unternehmen begeistern lassen.

    Grundsätzlich bin ich ein großer Freund von Infrastrukturwerten, die Vorzüge hast du ja benannt. Ich hatte mir im Corona Crash Fraport zugelegt, sie nach ein paar Monaten mit Gewinn wieder abgestoßen, da mir der Umsatz zu konzentriert ist. Seitdem verfolge ich deine Berichte über Vinci, konnte mich aber aus zwei Gründen bisher nicht zum Kauf durchringen.
    Zum einen die französische Quellensteuer und zum anderen der lieblose Flughafen in Lissabon. Sicherlich ist letzteres kein gutes Argument :)

    Nachdem mein Depot nun viele Bereiche abdeckt ist mir aufgefallen, dass der Bau- beziehungsweise Verkehrsbereich nur schwach vorhanden ist. Ich habe deinen letzten Bericht über Vinci daher als Anlass genommen dieses „Loch“ zu stopfen. Wie üblich bei neuen Depotkandidaten bin ich auf die Investor Relations Seite von Vinci um mich über Geschäftsfelder und Zahlen einzulesen.

    Warum erwähne ich das explizit?
    Weil ich von dieser Seite, ihrer Aufmachung, Präsentation und Inhalt schwer begeistert bin. Ich finde alle für mich als Neu- und sicher auch Bestandsaktionär, relevanten Informationen bestens zusammengefasst. Da können sich viele andere Unternehmen eine Scheibe von abschneiden.

    Gepaart mit dem wirtschaftlichen Erfolg, hinterlässt Vinci als Unternehmen einen sehr, sehr kompetenten Eindruck. Jetzt wo ich eingestiegen bin frage ich mich, wieso ich dein Trommeln nicht schon früher wahrgenommen habe.

    Besten Dank für deine ausführlichen Berichte, welche, nach General Mills, nun einen zweiten Wert in mein Depot haben wandern lassen, die ich ansonsten eher übersehen hätte.

    Viele Grüße
    Benni

Kommentar verfassen