Kaum ein Beitrag erregte im letzten Jahr so stark die Gemüter wie jener, den ich unter dem Einfluss des russischen Einmarschs in die Ukraine verfasst hatte und in dem ich eine deutsche Aktie zum Verkaufskandidaten erklärte.
Ich sah die große Abhängigkeit von billigem Gas für die Produktion des Chemietitels und malte mir den Worst-Case aus, der im Crash für die Aktie enden würde. Um dieses Risiko zu reduzieren, halbierte ich meine Position und beobachtete die Entwicklung genau.
Mittlerweile haben wir den ersten Winter ohne russisches Gas ohne Produktionsausfälle gemeistert. Gleichwohl sind die Energiekosten deutlich angestiegen.
Die Energiekrise hat sich in das Geschäftsergebnis des DAX-Konzerns gefressen und so stellt sich heute erneut die Frage nach den weiteren Perspektiven.
Da es eine der Positionen ist, die ich am längsten im Depot habe, bin ich irgendwie auch emotional mit der Aktie verbunden. Seit 2008 halte ich 5 Aktien von ihr. 2019 und 2020 habe ich dann nachgekauft und die Position auf 100 Aktien ausgebaut. Letztes Jahr dann der Teilverkauf von 50 Stück.
Die Rede ist von BASF (hier ausführlich vorgestellt), die letztes Jahr im Februar, wenige Tage vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine, noch bei 68 € notierte. Der Absturz um aktuell gute 20 € ist in diesem 2-Jahres-Chart deutlich zu erkennen:

Als Freund langfristiger Betrachtungen zeige ich Dir aber auch den Chart seit Beginn meines BASF-Investments – 15 Jahre sind das inzwischen:

Und da wird deutlich, wie günstig der Einstieg damals in der Finanzkrise 2008 war. Die Position hat sich – trotz des jetzigen Absturzes – immer noch im Kurs mehr als verdoppelt. Und durch die erhaltenen Netto-Dividenden habe ich, bezogen auf diese 5 Aktien, mein Investment schon komplett zurückbezahlt bekommen.
Dividendenzahlung
BASF zahlt erneut eine Dividende von 3,40 € je Aktie. Für die nun 50 Aktien in meinem Depot ergibt das eine Brutto-Dividende von 170,00 €. Nach Abzug der Steuern erhalte ich von der comdirect eine Netto-Dividende von 125,17 €. Sie wurde mit Wertstellung 03.05.2023 überwiesen.


Perspektiven
„Es wird schon irgendwie gut gehen“ – das war im Kern das Motto der letzten Monate für die BASF-Aktie. Und bisher ist es auch gut gegangen. Klar, der Aktienkurs ist am Boden. Aber das war er ja auch schon vor einem Jahr. Und die Dividende ist trotzdem stabil geblieben, was sicherlich zu einer Bodenbildung beigetragen hat. Denn mit einer Dividendenrendite von aktuell rund 7% ist BASF unter diesem Aspekt ein interessantes Investment.
Nur stellt sich natürlich die Frage: Wird die Dividende auch verdient und kann sie auch in den nächsten Jahren auf diesem Niveau gehalten werden?
Zwar stieg der Umsatz in 2022 um 11,1% an. Das lag aber vor allem an den gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten. Weltweit gab BASF 3,2 Mrd. € gegenüber 2021 zusätzlich für Energie aus.
Nach Steuern rutschte BASF deutlich in die Verlustzone. Das Ergebnis lag bei -627 Mio. €, in 2021 wurden noch 5,5 Mrd. € nach Steuern verdient.
Knackpunkt waren die hohen Wertberichtigungen, vor allem auf die Beteiligung an Wintershall Dea AG. Insgesamt wurden 6,3 Mrd. € abgeschrieben, die allerdings nicht zahlungswirksam waren. Darunter waren auch eine vollständige Wertberichtigung der Beteiligung an Nord Stream AG sowie der Finanzierung des Projekts Nord Stream 2. Trotzdem lieferte Wintershall Dea für das Jahr 2022 einen Ergebnisbeitrag von rund 1,5 Mrd. €, nach 335 Mio. € im Vorjahr. Einerseits hat BASF die Beteiligung weiter abgeschrieben, auf der anderen Seite verdiente die Beteiligung sehr gut mit den gestiegenen Gaspreisen.
Der Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit lag bei 7,7 Mrd. € nach 7,2 Mrd. € im Vorjahr. Der Free Cashflow belief sich im Jahr 2022 auf 3,3 Mrd. € nach 3,7 Mrd. € in 2021. Das ist ein Minus von 10,2%, jedoch immer noch genug, um die Dividendenausschüttung zu decken (3 Mrd. €).
Damit ist die Dividendenzahlung auch gerechtfertigt und BASF hätte sogar theoretisch an der Absicht festhalten können, die Dividende jedes Jahr zu erhöhen.
In das Jahr 2023 ist BASF nun besser als erwartet gestartet. Der Umsatz ging zwar im 1. Quartal um 13,4% zurück und auch das betriebliche Ergebnis (EBITDA) ging um 24,2% zurück. Die hohen Abschreibungen aus dem Vorjahr fanden nun nicht mehr statt. Dadurch erhöhte sich das Quartalsergebnis nach Steuern um 21,4%. Je Aktie wurden im 1. Quartal 1,75 € nach 1,34 € im Vorjahresquartal verdient.
Einziger Wermutstropfen: Der Free Cashflow war deutlich rückläufig. Er lag im 1. Quartal 2022 noch bei -893 Mio. €, nun jedoch bei -1.882 Mio. €. Erläutert wurde dieser Punkt in der Quartalsmitteilung leider nicht. Und das ist ein Punkt, den ich leider immer wieder beobachte: Steigt eine Kennzahl an, dann wird sie in der Pressemitteilung gefeiert. Sinkt sie aber deutlich, dann findet man das nur noch in der Tabelle im Anhang.
Denn sollte diese 1 Mrd. € weniger im Free Cashflow im 1. Quartal im Rest des Jahres nicht aufgeholt werden, dann wäre die Dividendenzahlung für 2023 nicht mehr vom Free Cashflow gedeckt. Und müsste damit gekürzt oder durch die Aufnahme neuer Schulden finanziert werden.
BASF ist für mich deshalb auch noch lange nicht über den Berg. Die Energiekosten sind immer noch hoch und das belastet die Margen. Die EBITDA-Marge ist im 1. Quartal entsprechend von 16,1% auf 14,1% zurückgegangen.
Ich glaube aber aktuell nicht mehr, dass es zu einer Gasrationierung in Deutschland kommen wird. Das entsprechende Risiko sehe ich als gering an, die Versorgung durch Alternativen wie LNG scheint auch 2023 und 2024 sichergestellt.
Was mir allerdings in den letzten Monaten sauer aufgestoßen ist, ist das Thema „China“. Hier scheint BASF aus dem Russlandengagement wenig gelernt zu haben und begibt sich wieder in eine Abhängigkeit von einem nicht berechenbaren Regime. Mit mehr als 10 Mrd. € tätigt BASF dort mehr Investitionen als je ein anderes deutsches Unternehmen.
Der BASF-CEO Martin Brudermüller sieht zwar das Risiko, setzt aber erneut auf das Prinzip Hoffnung. Er sagte auf der Bilanzpressekonferenz: „Ja, im schlimmsten Fall ist der Totalausfall auch in China denkbar, aber das würde bedeuten, dass das gesamte weltweite Wirtschaftssystem nicht mehr funktioniert, dann wäre plötzlich alles anders“.
Interessanterweise konnten wir uns einen solchen russischen Angriff auf die Ukraine ja auch nicht vorstellen und dann war plötzlich alles anders. Und wir wissen nicht, was China mit Taiwan veranstaltet und wie die Weltgemeinschaft darauf reagiert. Um nur mal ein Beispiel zu nennen.
Klar ist, dass Unternehmen den chinesischen Markt nicht außen vor lassen können. Die Frage ist aber, ob sich Investitionen in einer solchen Größenordnung jemals rechnen oder damit schon Wertberichtigungen für die Zukunft heraufbeschworen werden. Und damit gehen auch Standortverlagerungen von Deutschland nach China einher, die womöglich irgendwann wieder rückgängig gemacht werden.
Ich bin deshalb auch in diesem Jahr noch unschlüssig, wie ich mit der BASF-Position in meinem Depot weiter umgehen werde. Die Reduktion durch den Teilverkauf im letzten Jahr hat mich erst mal entspannt. Ich bin deshalb mit der Position selbst sehr gelassen. Wenn, dann beschäftigen mich eher die Aussichten und die Frage, wann BASF wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt. Und da bin ich mir beim Thema „China“ eben nicht sicher. Im Falle eines Angriffs auf Taiwan dürfte die BASF-Aktie wieder deutlich unter Druck geraten. Bis dann klar ist, ob die USA und ihre westlichen Bündnispartner China „gewähren“ lassen, wirtschaftliche Sanktionen verhängen oder sich sogar militärisch engagieren.
Die BASF-Aktie ist deshalb für mich weiterhin ein Wackelkandidat in meinem Depot. Bei einem – warum auch immer motivierten – deutlicheren Kursanstieg würde ich mich auch von ihr trennen. Auf dem jetzigen Niveau ist sie für mich eine Halteposition. Ich werde mir allerdings die Ergebnisse zum 2. Quartal hinsichtlich der Entwicklung des Free Cashflows aufmerksam anschauen. Denn die hohe Dividende ist für mich weiterhin ein wichtiger Aspekt meines BASF-Investments.
Auf einen Blick:
| Unternehmen: | BASF |
| ISIN: | DE000BASF111 |
| Im Divantis-Depot seit: | 12.12.2008 |
| Letzter Nachkauf am: | 23.01.2020 |
| Stückzahl im Divantis-Depot: | 50 |
| Durchschnittskaufkurs inkl. Gebühren: | 63,33 € |
| Gesamtkaufpreis: | 3.166,25 € |
| durch Teilverkauf am 1.6.2022 realisierter Gewinn (Kurs & Dividenden) | -253,11 € |
| Bisher erhaltene Netto-Dividenden: | 824,35 € |
| Aktuelle Strategie: | Bei passender Gelegenheit verkaufen |

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