Was Dich hier erwartet:
Es ist Mitte Juli und der Sommer ist da. Trotz Corona fahren erstaunlich viele Menschen in Urlaub.
Da stellt sich unweigerlich die Frage: Was tun mit dem Depot? Auch wenn Du nicht in Urlaub fährst, willst Du den Sommer bestimmt genießen. Wäre da nicht ein Komplettverkauf ein sinnvoller Schritt? Zumal sich die Börsen gerade so toll erholt haben und der nächste Crash nur eine Frage der Zeit zu sein scheint?
Mir fallen eigentlich im Moment drei Möglichkeiten ein:
- Alles verkaufen
- Das Depot durch Optionen absichern
- Entspannt in Urlaub fahren und die Depotwerte laufen lassen
Alles verkaufen?
Befassen wir uns zunächst damit, einfach alles zu verkaufen. Das macht aus meiner Sicht nur dann Sinn, wenn dieser Schritt ohnehin geplant war. Wenn also das Depot aufgelöst werden soll, um davon z.B. ein Haus zu kaufen.
Einfach alles verkaufen und nach dem Sommer zurück kaufen, kann zwar die Nerven schonen. Es kann aber auch verdammt teuer werden. Denn zuerst einmal stehen die Transaktionskosten (Brokergebühren, Spread beim Aktienkurs) an, die gleich zweimal gezahlt werden müssen. Nehmen wir an, im Depot befinden sich 50 Positionen. Mit 10 € Brokergebühren wäre ich bei einem Verkauf durchschnittlich dabei. Dann würde allein der Verkauf schon 500 € kosten. Kaufe ich dann günstig für 1 € Gebühr in mein Depot bei Trade Republic * zurück, fallen noch mal 50 € an. Mindestens, weil ja noch der Spread (Unterschied zwischen An- und Verkaufskurs) hinzukommt. Immer unterstellt, die Börse würde nach dem Sommer auf dem gleichen Niveau sein wie jetzt. Dividenden würde es während des Sommers dann natürlich auch keine geben.
Hat das Depot schon eine ordentliche Kursentwicklung in den Büchern, dann werden zusätzlich Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlag fällig. Das wären bei mir im Moment rund 20.000 €. Abgesehen davon, dass es teuer ist, schont diese Vorgehensweise auch nicht wirklich die Nerven. Denn wer ist so entspannt im Sommer, dass es ihn nicht interessiert, wie sich die Börse entwickelt? Schließlich steht das gesamte bisherige Depotvolumen zur Wiederanlage an. Da kann es schon mal einen Unterschied machen, ob die Lieblingsaktie(n) gerade fallen oder steigen. Für mich kommt diese Möglichkeit deshalb nicht in Frage.
Absicherung durch Optionen
Das Depot durch Optionen abzusichern, kostet zunächst auch Geld. Denn die Optionen müssen ja bezahlt werden. Kommt es zu einem Kursrückgang, dann gewinnen die Optionen. Gleichzeitig verliert das Depot an Wert. Die Optionsprämie ist also wie eine Versicherung: Das Depot läuft weiter, im schlimmsten Fall kommt es aber nicht so schlimm. Und wie viel abgesichert werden soll, bestimmt jeder selbst. Das ganze Depot abzusichern, ist – je nach Depotgröße – sehr teuer. Dafür ist dann das Risiko minimiert. Fährt man z.B. nur zwei Wochen in Urlaub, dann kann man sich nach kurzlaufenden Optionen umsehen. Die also aus dem Geld sind und nur noch drei bis vier Wochen bis zur Fälligkeit haben. Sie sind dann nicht so teuer und eine Absicherung einzelner Aktien oder gesamter Indizes ist denkbar. Natürlich sollte das Depot dann auch repräsentativ sein und mit einem Index vergleichbar sein. Da hätte ich schon mit dem Divantis-Depot Schwierigkeiten. Aber ich würde vermutlich 20 Prozent auf den DAX30, 30 Prozent auf den EuroStoxx50 und 50 Prozent auf den S&P500 absichern. Klar muss einem sein, dass die Versicherungsprämie dann aber im Falle des Ausbleibens eines größeren Kursrückganges weg ist. Es sind also Kosten, die die Urlaubskosten erhöhen. Das muss Dir bewusst sein, damit Du nicht jeden Tag im Urlaub mit der Entscheidung haderst und überlegst, die Optionen doch wieder zu verkaufen. Stagniert die Börse oder steigt sie sogar, dann verlieren die Optionen an jedem Urlaubstag etwas an Wert. Bei Urlaubsrückkehr sind sie dann nahezu wertlos.
Bisheriges Konzept: laufen lassen
Entspannt den Sommer genießen und die Werte einfach laufen lassen, ist die von mir verfolgte Methode. Ich gebe zu, ich habe viele Jahre dafür gebraucht. Aber ich habe es schon mehrmals so gehandhabt und werde es auch dieses Jahr wieder so machen! Das funktioniert nur, wenn man fundamental von all seinen Depotwerten überzeugt ist. Wenn keine Spekulationen auf irgendwas den Kaufimpuls ausgelöst haben. Wenn kein Wert unter Beobachtung steht und bei passender Gelegenheit verkauft werden soll. Wenn man sowieso vor hat, alle Aktien ewig zu halten.
Das war zumindest mein Konzept für die letzten Sommer: Ich verfolge die Dividendenstrategie und hatte bislang nur Aktien im Depot, die eine Dividende ausschütten. Und die fundamental in der Lage sind, diese Dividende dauerhaft zu steigern. Und wenn es zu Kursrückschlägen kommt, dann dachte ich nicht an Verkauf, sondern an Nachkauf. Und während meines Urlaubs verzichte ich auf die Wahrnehmung solcher etwaiger Chancen. Da schaue ich nicht auf die Aktienkurse und kann so auch nicht nachkaufen. Was aber auch nicht schlimm ist. Denn Markettiming funktioniert doch sowieso nicht. Wer schafft es schon, zum niedrigsten Kurs zu kaufen? Bei jedem einzelnen Kauf denke ich immer, dass das jetzt ein günstiger Kurs ist. Denn sonst wäre es ja besser noch etwas zu warten. Und oftmals sinkt der Kurs noch mal. Ich finde das dann immer schade, aber ärgere mich schon lange nicht mehr darüber. Weil es einfach nichts bringt.
Konzeptanpassung durch Corona
In diesem Sommer ist es etwas anders: Corona-bedingt habe ich ein paar Aktien auf meine Beobachtungsliste für einen Verkauf gesetzt. Und ich werde sie auch im Sommer beobachten. Denn jetzt kommen langsam die Halbjahreszahlen und geben Aufschluss über die weitere Entwicklung. Die Aktien meines Kursdepots stehen auf der Liste für einen möglichen Verkauf oder zumindest eine Reduzierung der Aktienzahl.
Ansonsten gilt: cool bleiben!
Schwankungen im Depot bin ich gewohnt. Und die werden auch in diesem Sommer da sein. Genauso wie ich im Corona-Crash nicht nervös geworden bin, bleibe ich auch jetzt entspannt. Denn wenn ich das nicht schaffen würde, dann wäre die Börse nicht die richtige Geldanlage für mich.
Natürlich bedarf es für diese Einstellung genügender Liquidität, damit ich nicht gezwungen werde, in Niedrigphasen zwangsweise zu verkaufen. Aber die sollte ohnehin gegeben sein. Auch um einen Urlaub genießen zu können. Und bei meinem breit aufgestellten Depot kommen ja auch noch Dividendenerträge während des Sommers hinzu.
Welche Strategie zu Dir passt
Ich will gar nicht sagen, dass meine Strategie die Beste ist. Jeder sollte das machen, was zu ihm passt. Ich für mich bin sehr froh, dass ich inzwischen zur entspannten Version gefunden habe. Die anderen Möglichkeiten habe ich auch schon alle hinter mir. Ich habe schon mehrfach alles verkauft und es auch schon mit Optionen versucht. Unterm Strich waren meine Erfahrungen nicht positiv. Beide Strategien haben mich nur Geld gekostet.
Optionen sind jedoch – wenn sie sinnvoll angewandt werden – gar nicht schlecht. Wenn es darum geht, nur einzelne Positionen abzusichern oder ein paar Zusatzerträge zu generieren. Ich werde den Sommer deshalb auch dafür nutzen, eine mehrteilige Serie über Optionen zu verfassen und dann hier auf dem Blog zu veröffentlichen. Wie funktionieren sie, welche sinnvollen Strategien gibt es und wie handele ich sie kostengünstig. Und wie kann ich damit Dividendenaktien einen Tick günstiger bekommen als beim direkten Kauf.
Bis dahin berichte ich aber natürlich – wie gewohnt – über meine Dividendenerträge, Käufe und Verkaufe und weitere spannende Themen rund um die Börse.
Ich wünsche Dir einen entspannten Sommer und immer ein kaltes Getränk an Deiner Seite!
Oh ich freue mich schon auf die Beiträge zum Thema Aktienoption! Wollte mich tatsächlich auch damit beschäftigen und kann jetzt (hoffentlich) recht entspannt den Einstieg mit deinen Posts machen.
Danke für den tollen Blog!
Ich tippe mal auf weiter steigende Aktien. Die Druckerpresse läuft auf Hochtouren. Im Sommer passiert nix mehr. Vor den US Wahlen sollte man sich überdenken. Bis dahin tiefgrün.
Hallo Ben,
wenn ich alles verkaufen würde, wäre mein Sommer nicht entspannt, im Gegenteil. Ich würde Dividendenerträge verlieren und jeden Tag hoffen, dass die Kurse nicht steigen, damit ich die Werte nicht später teurer zurückkaufen muss. – ich stimme dir zu. Market Timing funktioniert in den seltensten Fällen (mir jedenfalls liegt es nicht) und den allgemeinen Kursverlauf an den Märkten vorherzusagen ist reine Spekulation. Wer hätte angesichts der aktuellen Corona Entwicklung mit einer so schnellen und so steilen Erholungsrally gerechnet??
Ich investiere in Werte von denen ich langfristig überzeugt bin und wenn in Krisen die Kurse fallen, dann kaufe ich nach. Natürlich überprüfe ich auch mein Portfolio auf Verbesserungsbedarf und nicht alle Werte erweisen sich als ewige buy and hold Kandidaten, aber bei den Kern Werten gibt es keinen Grund zur Veränderung. Im Urlaub werde ich die Finanzwelt zwar nicht ganz so intensiv wie sonst verfolgen, aber da es sich für mich auch nicht nach Arbeit anfühlt, bleibe ich auch im Urlaub am Ball. Vielleicht ergeben sich nach den Q2 Zahlen im August ja einige gute Kaufgelegenheiten :-).
Auf meiner Liste stehen aktuell:
Verizon, W.P. Carey, Cisco Systems, Bristol Myers, NTT Docomo, Abbvie und Glaxo SmithKline
Viele Grüße,
Susanne