Warum mir die Deutsche Bank nicht ins Depot kommt

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Ich kann es nicht mehr zählen und auch nicht mehr hören: „Wir haben eine neue Strategie und stellen uns für die Zukunft neu auf!“ – So ungefähr tönt es im Jahresrhythmus aus den Türmen der Deutschen Bank in Frankfurt. Jetzt ist es wieder so weit: Vorstandschef John Cryan kündigt einen Vorstandsumbau, eine Kapitalerhöhung und einen Strategiewechsel an. Ich schwanke zwischen Lachen und Weinen, wenn ich mir die Deutsche Bank anschaue.Was war das doch mal für eine weltweit bedeutende Bank? Was für ein angesehener Arbeitgeber? Und wo steht sie jetzt?

Nehmen wir als Beispiel erstmal die Postbank: Einst verkündete der Vorstand der Deutschen Bank, dass man sich aus dem Privatkundengeschäft zurückziehen wolle und Privatkunden nur noch standardisiert in der Deutschen Bank 24 „abfertigen“ wolle. Alle nicht-vermögenden Kunden (die Grenze lag damals bei 250.000 Euro, wenn ich mich richtig erinnere) wurden dort hin abgeschoben. Ein paar Jahre später lag dann die Zukunft des Konzerns auf einmal im Privatkundengeschäft. Weil dort die Erträge nicht so stark schwanken würden wie im Investmentbanking. Also kaufte man die Postbank und begann mit der Integration. Noch bevor die immens teure Integration der IT-Systeme der Postbank in das Kernbanksystem der Deutschen Bank vollendet war, erfolgte – na was wohl? – die Entscheidung, die Postbank wieder zu verkaufen. Die gesamte Integration wurde rückgängig gemacht – natürlich  für teuer Geld. Und jetzt das: John Cryan verkündet, dass die Postbank doch nicht verkauft wird und stattdessen vollständig in die Deutsche Bank integriert werden soll. Dafür ist natürlich eine Kapitalerhöhung über 8 Milliarden Euro nötig!

Der alte Glanz ist weg.

Es werden übrigens Wetten angenommen, ob es jemals zu dieser Integration kommen wird. Denn gleichzeitig ist auch ein Vorstandsumbau verkündet worden. Christian Sewing und Marcus Schenck werden zu Co-Vize-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank. Einer von den beiden soll offenbar in absehbarer Zeit Nachfolger von John Cryan werden. Und was wird er als eine der ersten Amtshandlungen angehen? Vermutlich den Verkauf der Postbank. Einfach aus Tradition. Und um sich mit einer eigenen Strategie in den Konzerngeschichtsbüchern zu verewigen.

Ach ja: Die Frage der Überschrift ist schnell beantwortet: Ich habe keine Lust auf Aktien von Unternehmen, die nicht wissen, wo sie hinwollen. Und die ihr Geschäftsmodell im Jahrestakt komplett ändern. Es gäbe noch mindestens Hundert andere Gründe gegen die Deutsche Bank. Vermutlich aber auch einige dafür (z.B. weil sie gegenüber früheren Höchstkursen wirklich günstig zu haben ist). Aber ohne funktionierendes und nachhaltiges Geschäftsmodell fasse ich diese Aktie nicht an!

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4 Gedanken zu „Warum mir die Deutsche Bank nicht ins Depot kommt“

  1. 2 Jahre nach diesem Beitrag notiert die Aktie bei nur noch 6,67 €. Damit fällt die Deutsche Bank auf den tiefsten Stand seit Dezember 1973. Ohne Worte.

  2. Deutsche Bank: Eigenkapital / Bilanzsumme = Eigenkapitalquote [EBIT => GK-Rendite]
    2007: 37,044 Mrd. € / 2020 Mrd. € = 1,83% [8,749 Mrd. € => 0,43%]
    2011: 53,390 Mrd. € / 2011 Mrd. € = 2,65% [5,390 Mrd. € => 0,27%]
    2014: 72,970 Mrd. € / 1710 Mrd. € = 4,27% [3,116 Mrd. € => 0,18%] (2015 war ein Verlustjahr)
    2018: 67,169 Mrd. € / 1350 Mrd. € = 4,98% [1,330 Mrd. € => 0,10%]
    Die Ertragskraft der Kamikaze-Bank (Kredithebel 55 in 2007!) ist heute nur noch mit einer starken Lupe zu erkennen.

    BNP Paribas: Eigenkapital / Bilanzsumme = Eigenkapitalquote [EBIT => GK-Rendite]
    2007: 53,799 Mrd. € / 1640 Mrd. € = 3,28% [10,548 Mrd. € => 0,64%]
    2011: 75,370 Mrd. € / 1970 Mrd. € = 3,83% [9,471 Mrd. € => 0,48%]
    2015: 89,410 Mrd. € / 2080 Mrd. € = 4,30% [9,787 Mrd. € => 0,47%]
    2018: 101,467 Mrd. € / 2040 Mrd. € = 4,97% [9,169 Mrd. € => 0,56%]
    Ob diese bilanzschwachen Franzosen wohl eine Staatspleite Italiens überleben könnten?

    Banco Santander: Eigenkapital / Bilanzsumme = Eigenkapitalquote [EBIT => GK-Rendite]
    2007: 55,200 Mrd. € / 913 Mrd. € = 6,05% [14,816 Mrd. € => 1,62%]
    2011: 76,414 Mrd. € / 1250 Mrd. € = 6,11% [24,373 Mrd. € => 1,95%]
    2015: 88,040 Mrd. € / 1340 Mrd. € = 6,57% [23,702 Mrd. € => 1,77%]
    2018: 107,163 Mrd. € / 1460 Mrd. € = 7,34% [14,207 Mrd. € => 0,97%]
    Abgesehen vom „Bereinigungsjahr“ 2018 verdienen die „Lateinamerikaner“ viel Geld aus kleiner Bilanzsumme

    Mitsubishi UFJ: Eigenkapital / Bilanzsumme = Eigenkapitalquote [EBIT => GK-Rendite]
    2011: 8340 Mrd. Yen / 203000 Mrd. Yen = 4,11% [822 Mrd. Yen => 0,40%]
    2015: 17287 Mrd. Yen / 286150 Mrd. Yen = 6,04% [1504 Mrd. Yen => 0,53%]
    2018: 17295 Mrd. Yen / 306937 Mrd. Yen = 5,63% [1259 Mrd. Yen => 0,41%]
    Im Land der permanenten Niedrigzinsen ist eine auskömmliche GK-Rendite schwer zu erreichen.

    HSBC Holdings: Eigenkapital / Bilanzsumme = Eigenkapitalquote [EBIT => GK-Rendite]
    2007: £128,6 Mrd. / £2350 Mrd. = 5,47% [£22,709 Mrd. => 0,97%]
    2011: £158,7 Mrd. / £2560 Mrd. = 6,20% [£18,608 Mrd. => 0,73%]
    2015: £188,5 Mrd. / £2410 Mrd. = 7,82% [£16,311 Mrd. => 0,68%]
    2018: £186,3 Mrd. / £2560 Mrd. = 7,28% [£17,354 Mrd. => 0,68%]
    Auch die Briten trauern ihrer Gesamtkapitalmarge vor der Finanzkrise bis heute nach.

    Wells Fargo: Eigenkapital / Bilanzsumme = Eigenkapitalquote [EBIT => GK-Rendite]
    2007: $_47,627 Mrd. / $_575 Mrd. = _8,28% [$11,627 Mrd. => 2,02%]
    2011: $140,241 Mrd. / $1310 Mrd. = 10,71% [$23,656 Mrd. => 1,81%] (nach Fusion mit Wachovia)
    2015: $198,998 Mrd. / $1790 Mrd. = 11,12% [$33,641 Mrd. => 1,88%]
    2018: $196,166 Mrd. / $1900 Mrd. = 10,32% [$28,538 Mrd. => 1,50%]
    Der Kontoskandal hat die Marge von Warren Buffetts Lieblingsbank zuletzt spürbar belastet.

    Bank of America: Eigenkapital / Bilanzsumme = Eigenkapitalquote [EBIT => GK-Rendite]
    2007: $146,803 Mrd. / $1720 Mrd. = _8,54% [$20,924 Mrd. => 1,04%]
    2012: $236,956 Mrd. / $2210 Mrd. = 10,72% [$_3,072 Mrd. => 0,14%] (nach Fusion mit Merrill Lynch)
    2015: $256,205 Mrd. / $2140 Mrd. = 11,97% [$22,154 Mrd. => 1,04%]
    2018: $265,325 Mrd. / $2350 Mrd. = 11,29% [$34,584 Mrd. => 1,47%]
    Bis 2014 hing die US-Großbank schwer in den Seilen, seitdem verdient sie jedoch besser als zuvor.

    JPMorgan Chase: Eigenkapital / Bilanzsumme = Eigenkapitalquote [EBIT => GK-Rendite]
    2007: $123,221 Mrd. / $1560 Mrd. = _7,90% [$22,805 Mrd. => 1,46%]
    2011: $183,573 Mrd. / $2270 Mrd. = _8,09% [$26,749 Mrd. => 1,18%] (Übernahme Bear Stearns + Washington Mutual)
    2015: $247,573 Mrd. / $2350 Mrd. = 10,54% [$30,702 Mrd. => 1,35%]
    2018: $256,515 Mrd. / $2620 Mrd. = _9,79% [$40,764 Mrd. => 1,56%]
    Auch der Gewinner der Finanzkrise erzielt heute eine bessere Gesamtkapitalrendite als 2007.

    Wenn man bei den riskanten, aber auch lukrativen Deals im Investment-Banking mitmischen will, dann sollte man etwaige Verluste aushalten können. Die Eigenkapitalsubstanz der Deutschen Bank wurde durch die zahlreichen Kapitalerhöhungen zwar verdoppelt und die Bilanzsumme (= Assets) gleichzeitig um ein Drittel verkleinert, aber die reale (NICHT „risikoadjustierte“, wo italienische Staatsanleihen als „sicher“ gelten…) Eigenkapitalquote liegt immer noch bei der Hälfte dessen, was die US-Konkurrenz auf die Waage bringt.
    Die Rekapitalisierung der US-Großbanken durch den Staat (inklusive Zwangsfusionen mit quasi insolventen Konkurrenten) erfolgte viel rigoroser (inklusive weitgehendem Austausch der Aktionäre – die Aktienzahl der Citigroup stieg dabei auf das Sechsfache, bei der Bank of America auf das Doppelte) als das Herumgezuppel der DeuBa, weil Ackermann „sich schämen würde“, vom Staat gerettet zu werden. Dieser unangebrachte Stolz (auf seine vorherige Zockerei ohne Netz und Eigenkapital-Boden) hat dem Konzern jegliche Zukunft vernagelt: Um weiterhin in der internationalen Spitze mitzumischen, müsste die DeuBa ihr Eigenkapital noch einmal verdoppeln – aber wie soll dies gehen beim aktuellen Aktienkurs?

    Die europäischen Bankenregulierer hätten m. E. seit der Finanzkrise die Ausschüttung einer Dividende verbieten sollen, solange die systemrelevanten Banken keine „echte“ Eigenkapitalquote von mindestens 8-10% aufweisen. Dann hätte der CEO wählen können zwischen staatlicher Rettung und „Gesundsparen“.
    Stattdessen sind die Europäer mehr oder weniger zu Zombies mutiert (italienische Banken habe ich hier gar nicht aufgeführt, weil diese ihre faulen Kredite noch nicht sauber bereinigt haben – da ist das Eigenkapital eher „Bilanzfantasie“), also demjenigen Zustand, den japanische Banken vor 25 Jahren aufwiesen.

  3. Naja, und das allerbeste Karma hat die deutsche Bank wohl auch nicht. Irgendwann, in nicht allzuweit entfernter Vergangenheit, hieß es mal : ca 6000 Prozesse am Hals !

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