Warum ich ein Start-up der Rückversicherungsbranche ins Depot gekauft habe

Conduit Re Symbolbild
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Seit jeher ist die Munich Re die größte Position in meinem Depot. Ihr Geschäftsmodell und die Dividendenpolitik sind für mich die Basis meiner Anlagestrategie und meiner Erträge.

Das hat mich zu dem Luxus-Problem geführt, dass die überaus positive Kursperformance in letzter Zeit meine „Grenzwerte“ überschritten hat.

Auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten in der gleichen Branche bin ich auf eine relativ neue Aktiengesellschaft gestoßen, die ich nun seit einem halben Jahr im Depot habe. In diesem Beitrag stelle ich sie kurz und bündig vor und berichte über die jüngste Dividendenzahlung.

Es fällt mir tatsächlich nicht leicht, die beiden Unternehmen in einem Atemzug zu nennen. Denn die Munich Re ist der Platzhirsch in der Rückversicherungsbranche. Mit einer mehr als hundertjährigen Geschichte und ausgeklügelten Systemen führt an ihr kein Weg vorbei.

Ganz anders ist da Conduit Re aufgestellt. Diese Rückversicherungsgesellschaft ist erst vor wenigen Jahren gegründet worden. Aber genau das macht sie auch interessant. Denn die Gründer sind „alte Hasen“ der Branche. Und sie haben sich Investoren gesucht und mit einem IPO Geld eingesammelt. Und dann damit angefangen, Risiken von Versicherungen gegen Prämien rückzuversichern.

Das Spannende ist nun, dass diese Neugründung keinen historischen Ballast mit sich rumschleppen muss. Sie krankt nicht an Risiken, die man heute nicht mehr versichern würde und hat auch nicht zu viele unproduktive Mitarbeiter. Und sie muss auch nicht auf Teufel-komm-raus Abschlüsse vorweisen, um Kapital anzulegen und/oder Wachstum zu generieren.

Ich hatte ja auch mal die Swiss Re im Depot und war damit genau aus diesen Gründen nicht zufrieden. Nun also ein neuer Versuch mit einer Alternative aus der Rückversicherungsbranche. Übrigens habe ich die Hannover Rück nicht im Fokus, da ich bereits die Mutter Talanx im Depot habe. Und ich will auch außerhalb Deutschlands diversifizieren.

Conduit Re ist der Versicherungsname, die Aktie notiert als Conduit Holdings Limited.

Kursverlauf

Die Aktie notiert an der Heimatbörse London in britischen Pence (GBX). Gestartet bei 500 Pence (= 5 Pfund) ging es bis 300 Pence im September 2022 abwärts. Derzeit notiert die Aktie bei 531 Pence. In Deutschland werden Kurse von 6,25 zu 6,30 € gestellt.

Aktienkauf

Am 13. März 2024 kaufte ich 200 Aktien von Conduit Holdings über den Handelsplatz gettex zum Kurs von 6,30 €. Dafür zahlte ich bei flatex eine Provision von 7,90 €. Mein Einstandskurs liegt damit bei 1.267,90 €.

Conduit Holdings Aktienkauf im März 2024

Der Spread (Unterschied zwischen An- und Verkaufskurs) ist in Deutschland natürlich höher als bei DAX-Titeln. Mit 0,8% aber noch vertretbar. Trotzdem kann es sinnvoller sein, die Aktie direkt in London zu kaufen. Aufgrund der dann anfallenden Gebühren lohnt sich das aber vermutlich nur bei größeren Volumina.

Dividende

Conduct Holdings zahlt zweimal im Jahr eine Dividende (April und September). Das exDividende-Datum liegt dabei jeweils rund einen Monat davor (März und August).

Die Dividende wird in US-Dollar deklariert und beträgt in diesem Jahr jeweils 0,18 US$. So erhielt ich sowohl im April als auch im September 36,00 US$ Brutto-Dividende. Sie wurde von flatex im April zum Kurs von 1,081356 und im September zum Kurs von 1,087537 umgerechnet. Interessanterweise haben diese Wechselkurse 2 Nachkommastellen mehr als sonst bei flatex üblich. Und der Wechselkurs der September-Dividende ist für deutsche Anleger sehr vorteilhaft gewählt. Dafür war die April-Dividende eher nachteilig umgerechnet worden.

Da ich die September-Zahlung brutto für netto (aufgrund einer Verrechnung mit meinem gefüllten Quellensteuertopf) erhielt, konnte ich mich über 24,52 € im April und 33,10 € im September freuen. Meine Netto-Dividende in 2024 beträgt damit 57,62 €.

Conduit Holdings Dividendenzahlung im April 2024
Dividendenzahlung im April 2024
Conduit Holdings Dividendenzahlung im September 2024
Dividendenzahlung im September 2024

Meine persönliche Rendite auf meinen Einstand (Yield on Cost) bezieht sich auf meinen Kaufpreis von 1.267,90 €. Rechne ich die 72,00 US$ Brutto-Dividende mit dem EZB-Referenzkurs vom letzten Zahltag (1,1097) um, dann erhalte ich 64,88 € brutto. Das ergibt dann einen YoC von 5,1%. Und das entspricht in etwa auch der aktuellen Dividendenrendite, da ja mein Kaufkurs dem aktuellen Aktienkurs entspricht.

Kaufgründe

Conduit Holdings hat seinen Sitz auf den Bermudas. Das hört sich zunächst nach Offshore und „Panama Papers“ an, ist aber in der Versicherungsbranche ein etablierter Standort. Da es eine Steueroase, aber gleichzeitig ein britisches Überseegebiet ist, gilt Bermuda als drittgrößtes Zentrum für Rückversicherungen im Wettbewerb mit London und New York.

Conduit Re versichert im Bereich Sachversicherung vor allem Naturkatastrophen. Neben Haftpflicht-Risiken werden auch Spezialitäten wie Politische Gewalt/Terrorismus oder Kriege rückversichert. Damit werden Nischen abgedeckt, die die großen Rückversicherer bewusst offen lassen. Sicherlich sind die Ereignisse schwer vorhersehbar und die Gefahren bei einem Schadenseintritt auch sehr hoch. Dafür scheint der Wettbewerb um attraktive Prämien niedrig und das Ertragspotenzial, wenn es zu keinen oder geringen Schäden kommt, sehr hoch.

Der Börsengang von Conduit Holdings erfolgte erst im Dezember 2020 und es konnten seinerzeit rund 1,1 Mrd. US$ an der Londoner Börse eingesammelt werden. Conduit arbeitet mit einer deutlich höheren Kapitaldeckung als gesetzlich vorgeschrieben. Die Idee dahinter: es werden zwar Risiken übernommen, die schwerer kalkulierbar sind. Aber dafür werden die Kapitalgrenzen nicht ausgereizt und damit die Kapitalrendite nicht bis zum Anschlag ausgereizt.

Und – das ist mir ja immer wichtig – das Management legt großen Wert auf stabile Ausschüttungen an die Aktionäre. Sie erfolgen in den Aufbaujahren auch ohne einen bilanziellen Gewinn und stellen damit faktisch eine Kapitalrückzahlung dar.

Das Rückversicherungsgeschäft ist relativ träge. Es dauert etwa 18 Monate nach dem Abschluss bis die Ergebnisse sichtbar werden. Das bedeutet, dass Conduit aktuell mit den Abschlüssen des Jahres 2022 „arbeitet“. „Arbeiten“ ist dabei so zu verstehen, dass die Versicherungsprämien zwar bei Vertragsschluss vereinnahmt werden, aber erst im Lauf der Zeit (eben nach durchschnittlich etwa 18 Monaten) „verdient“ werden. Nämlich dann, wenn keine oder geringere Schäden als kalkuliert eintreten.

Der Zeitpunkt zum Eintritt in den Rückversicherungsmarkt ist gut gewählt. Die letzten Jahre waren für die Branche sehr gut und es scheint so weiterzugehen. Die Prämien werden kontinuierlich erhöht, gleichzeitig steigen die zu versichernden Risiken. Nur die Schäden sind unterdurchschnittlich.

Zusätzlich hat es die Rückversicherungsbranche geschafft, eine Umstellung durchzusetzen. Während früher einfach feste Anteile der versicherten Risiken von den Rückversicherern übernommen wurden, werden inzwischen häufig quotale Übernahmen mit einer Rangordnung vereinbart. Dabei behält der Erstversicherer z.B. die ersten 40% des Risikos. Und nur der darüber hinaus gehende Teil wird von der Rückversicherung anteilig übernommen.

Das hat den schönen Effekt, dass bei unterdurchschnittlichem Schadenseintritt überhaupt kein Schaden bei der Rückversicherung entsteht.

Meine Erwartungen an die Aktie

Mein Investment ist im Vergleich zu meinem Depotvolumen sehr gering. Es entspricht ungefähr dem Betrag, den ich in diesem Jahr als Netto-Dividende von der Munich Re erhalten habe. Um die Relation klar zu machen. Ich will auf absehbare Zeit auch nicht unbedingt mehr in Conduit investieren. Dafür ist mir die Historie einfach zu kurz.

Das Management macht auf mich einen guten Eindruck, ich habe mir mehrere Video-Interviews angesehen und konnte mich von der Erfahrenheit und Unaufgeregtheit überzeugen. Trotzdem habe ich natürlich keinen tieferen Einblick, in die abgeschlossenen Verträge und die übernommenen Risiken. Für mich hört sich das Konzept spannend an und ich will dem Unternehmen einfach ein paar Jahre geben, um den Praxischeck zu bestehen.

Indem ich die Aktie in meinem Depot habe, beobachte und verfolge ich sie viel intensiver als wenn ich sie nur auf meiner Watchlist hätte. Aber eigentlich gehört sie dort hin, denn drei Jahre Geschäft sind eher als Start-up zu bezeichnen und nicht als etablierte Rückversicherungsgesellschaft. Aber darin liegt auch ein Reiz. Geht das Konzept auf, dann könnte Conduit auch von einem Wettbewerber geschluckt werden. Oder mit einem entsprechenden Track-Record auch weiteres Kapital einsammeln, um dann zu expandieren.

Ich werde zukünftig anlässlich der Dividendenzahlungen in gewohnter Weise über die Entwicklung berichten. Und über die Jahre wird sich dann zeigen, ob meine Erwartungen erfüllt wurden und ein Ausbau meines Investments Sinn macht.

Auf einen Blick:

Unternehmen:Conduit Holdings
ISIN:BMG243851091
Im Divantis-Depot seit:13.03.2024
Letzter Nachkauf am:--
Stückzahl im Divantis-Depot:200
Durchschnittskaufkurs inkl. Gebühren:6,34 €
Gesamtkaufpreis:1.267,90 €
Bisher erhaltene Netto-Dividenden:57,62 €
Aktuelle Strategie:Halten und Dividende kassieren

für diesen Beitrag verwendete Quellen:
Annual Report and Accounts 2023

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24 Gedanken zu „Warum ich ein Start-up der Rückversicherungsbranche ins Depot gekauft habe“

  1. ja, Conduit Holdings. Ben hat ja immer mal interessante Ideen, btw. die Geschichte mit dem Effecten-Spiegel hat ja anscheinend auch ganz gut geklappt.

    Bei Conduit Holdings sieht es mir unverändert danach aus, als wenn es ein noch junges, aber noch durch kein Großereignis geprüftes Unternehmen zu sein scheint.
    Wenn sich ein Unternehmen (Conduit) damit besonders positiv darstellt-Greg Roberts:
    „Trotz der für die Branche sehr verlustreichen Zeit konnte Conduit Re nach eigenen Angaben erhebliche Auswirkungen von Ereignisschäden, darunter auch solche im Zusammenhang mit dem Einsturz der Baltimore Bridge, vermeiden.“
    Dann sage ich nur, bisher Glück gehabt. Wahrscheinlich/Möglicherweise waren die da in diesbezüglichen Retrozessionen noch gar nicht drin.
    Wenn wir über Conduit reden betrachten wir einen max. Zeitraum von etwa 2 bis max 3 Jahren zurück. Wir hatten doch die letzten 2 bis 3 Jahre auch gar keine Katastrophenhurricans oder andere Großschäden, wenn man von Kriegen absieht. Kein Mega-Erdbeben und kein Vulkanausbruch o. ä. und auch dieses Jahr sieht es diesbezüglich ruhig aus, um ehrlich zu sein. Wenn sich das Unternehmen damit brüsten könnte, was es schon an Großschäden gestemmt hat, dann wäre es wäre es was anderes. Aber gut, es ist ein junges Unternehmen und es soll und muß ja seine Chance bekommen, sich zu bewähren.

    Wir sind alle einschließlich der Versicherungsindustrie klimamäßig medial generalstabsmäßig verrückt gemacht worden, will hier keine politischen Diskussionen vom Zaun brechen, aber vielleicht kommt es auch gar nicht so schlimm. Die Rück-Versicherer können zwar hohe Prämien einstreichen, aber on the long run sinken dann bei nachlassendem Interesse auch wieder die Prämieneinnahmen.

    Wenn sich Conduit im Wachstum auf non-admitted and E&S carriers spezialisieren will und eine Schadensquote von unter 80% anstrebt, warum haben dann andere das nicht schon früher
    gemacht oder warum wollen normale Versicherer da nicht ran?

    Bei Versicherungen gibt es im Gegensatz zur Techbranche nichts neues mehr zu erfinden.

    das einzige, was ich in meinem Vertriebsumfeld sehe, sind ständige Prämienerhöhungen, steigende Selbstbehaltsquoten und eine „Spezialisierung der Verkaufskultur“ aka Vertriebsdruck.

    Sei es wie es sei, vielleicht hat Ben ja Glück, jedes Unternehmen soll seine Chance haben. Für mich wäre es eher nichts, da ich mir lieber gestandene Unternehmen suche.
    Die Swiss Re steht übrigens auch sehr gut da, aber es gibt keinen, der so etwas vorhersehen kann…. Selbst letzte Woche dann Axa mit reingenommen.
    Spannend zu sehen, ob in Frankreich Macron mit seinem Barnier/Mitte Kurs durchkommt,
    die französischen Aktien goutieren es jedenfalls
    Schönen Sonntag.

    1. Zitat: „Wenn sich Conduit im Wachstum auf non-admitted and E&S carriers spezialisieren will und eine Schadensquote von unter 80% anstrebt, warum haben dann andere das nicht schon früher
      gemacht oder warum wollen normale Versicherer da nicht ran?“

      Weil große Versicherer manchmal zu pauschal tarifieren, was Chancen für kleinere Wettbewerber eröffnen kann. Kleine Anekdote aus meinem beruflichen Umfeld: Immobiliengutachter erhalten in Deutschland bei fast keiner Versicherung mehr eine Berufshaftpflicht. Grund könnten teure Versicherungsfälle durch z.B. Klagen bei Immobilienfonds etc. sein. Die großen Versicherer haben dann vermutlich auf oberster Management-Ebene entschieden, in dem Bereich gar keine Gutachter mehr zu versichern. Da die Gutachter aber von der IHK gezwungen sind, eine Haftpflicht abzuschließen, können die wenigen Spezialversicherer sehr hohe Prämien verlangen und gleichzeitig riskante Tätigkeiten vom Versicherungsschutz ausschließen – da dürften riesige Margen fließen. Das Beispiel zeigte mir grundsätzlich, dass es neben den großen Versicherern Platz für kleine gibt, wenn diese sich in ihrem Spezialbereich gut auskennen.

      1. Hi David

        Zuletzt hatte ich mir Kinsale Capital ins Depot gelegt. Die haben auch eine ziemlich niedrige Combined Ratio. Und nennen dafür 2 Hauptgründe:

        Genau wie du sagst, konzentrieren die sich auf Fälle die die Großen gar nicht wirklich anschauen. Weil sie zu klein sind etc.
        Sie behalten die Unterschriftshohheit und lassen das nicht von Brokern machen. Somit haben die auch die Macht nach Marge und nicht nach Volumen auszuwählen.

        Außerdem kann bei den Kleinen manchmal noch der Anteil an den internen Kosten geringer sein. Bei KNSL wird immer wieder der Einsatz einer ziemlich umfassenden Software betont. Wer in größeren Betrieben und gewachsenen paralleln Sturkturen mal zu Hause war weiß wieviel Potential da schlummert. Die Großen haben nur meistens keine Kraft dieses zu heben.

        Gruß,
        Chrischaan

  2. „Wir hatten doch die letzten 2 bis 3 Jahre auch gar keine Katastrophenhurricans oder andere Großschäden“

    Fakten sind nicht so Dein Ding oder. ;)

    „270 Mrd. US $
    Schäden aus Naturkatastrophen 2022“ Munic Re

    1. Die Schäden durch Naturkatastrophen auf die du dich beziehst, lagen in den letzten Jahren alle auf dem Niveau (lt. Munich Re).

      Man möge sich aber mal 2017 ansehen (330 Mrd.) und eine Inflation dazurechnen. Das dürfte ein von Thomas gemeintes Ausnahmejahr gewesen sein.

      https://www.munichre.com/de/unternehmen/media-relations/medieninformationen-und-unternehmensnachrichten/medieninformationen/2018/2018-01-04-naturkatastrophen-jahresbilanz-hurrikan-serie-machte-2017-zu-jahr-mit-hoechsten-versicherten-schaden.html

      Absolute Zahlen ohne Bezug sind meist auch nicht hilfreicher als grobe Einschätzungen. 😉

  3. „…. Fakten sind nicht so Dein Ding oder. ;) …“ Das mag sein, aber Thomas greift eben schnell zum Griffel und bringt die Diskussion ans Laufen. Also die anderen Argumente von Thomas überzeugen mich mehr als die von Ben. Dafür nehme ich gerne mal einen saloppen Fake in Kauf und sage Danke an Thomas.

    Mal wieder eine Frage out of the top. Wir gehen alle immer davon aus, dass im langen Lauf – also über Jahrzehnte – die Aktien gewinnen. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Menschheit gut bis massiv gewachsen, was eine gigantische Gewinnschwemme durch entsprechende Nachfrage ausgelöst hat. Nun geht es bis wohl auf die USA nach unten: Europa, China/Asien (besonders Südkorea und Japan), Australien schrumpfen. Gewinne werden nicht mehr die vergangenen Höhen erreichen und es gibt keine junge Käuferschicht, welche die Aktien von den Alten übernehmen. Ganz krass gesagt, es erinnert mich alles so ein bisserle an die Briefmarkensammlung meines Vaters …

    Mich treibt jetzt nicht die Tatsache um, ob das auch wirklich geschieht. Mir stellt sich die Frage, unter Annahme des genannten Szenario sollte man denn wie langfristig investiert sein?

    Gruß Frank

    1. Zumindest wachsam investiert, sollte man sein, meine ich.
      Buy – hold – check mit Betonung des letzteren.
      Ich habe kürzlich einige Kandidaten verkauft, da mir entweder die Kursentwicklung der letzten 12 Monate oder das Versprechen der Geschäftsentwicklung nicht gefallen haben (Hormel Foods, Cleanway Energy und Pfizer – keine Anlageberatung!).
      Es gilt in Unternehmen zu investieren, die entweder bewiesen haben, erfolgreich zu sein oder jene, die zumindest spannende neue Themen an Bord haben.

      Metakommentar zu Thomas:
      Ja, seine Artikel sind mitunter sehr lang, verlieren sich im Detail oder streifen Themen, die mich weniger interessieren.
      Gleichzeitig inspiriert er, hält den Blog am Leben, antwortet konkret auf andere im Forum und streut immer wieder spannende Informationen und Weblinks ein.
      Ich bin ihm grundsätzlich dankbar für die Informationen, die er hier teilt. Danke dir Thomas!

      1. Lieber Matthias,

        deinem Metakommentar kann ich voll zustimmen. Und gerade weil es hier möglich ist auch mal kontroverse Meinungen zu diskutieren, spielt der Ton eine wichtige Rolle! Wenn dann einzelne sich durch persönliche Angriffe im 3-Zeilergewand hervortun, ist das nicht hilfreich…

        Beste Grüße, Chrischaan

      2. Lieber Matthias,

        Danke für deine stets inspirierenden Ideen – Pfizer allerdings möchte ich gerade nachkaufen, obwohl ich schon eine große Position habe, da die „too big to fail“ sind und siche bestimmt mal erholen – vor allem aber echt heftig ausschütten. Hab ich nen Denkfehler? Bin sowas wie ein ewig-Buyn-Holder, zumindest bei den Großen in meinem Depot (ähnliche Situation hab ich grad bei BP, meiner größten Position).

        Bitte keine Koteletts aus meinem Kommentar machen, bin so ahnungslos wie es klingt.

        Alsdann

        Florian

        1. HI Florian,

          ich behalte meine Pfizer auch (gegenwärtig: 25 Prozent Buchverlust).

          Bei Big Pharma muss man m.E. einfach sehen, dass es sich in der Regel eher nicht um klassische Compounder handelt. Sondern vom Profil her sind das eben doch ausgeprägte Zykliker, auch eine Eli Lilly wird das meines Erachtens mal wieder in die andere Richtung zeigen. :-) Wenn man Zykliker lange durchhält, und sogar bei Kurstiefen dazukauft, kann man mit ihnen meines Erachtens zusammen mit den Ausschüttungen auch gutes Geld verdienen.

          Ich behalte meine Pfizer weiterhin und könnte mir sogar vorstellen zuzukaufen, wenn ich etwas mehr Kasse hierfür hätte.

        2. Lieber Florian,

          dann machen wir eben Rippchen aus Deinem Kommentar ;) Spaß beiseite.

          In diesem Blog gibt es sehr viele verschiedene Ansätze, was das „Buy Hold Check“ angeht.
          Manche sehen einen erneuten Verkauf als großes Drama (Halten für die Ewigkeit), andere handeln relativ schnell, was Kaufen oder Verkaufen angeht.
          Das betrifft auch die Auswahl der Aktien: Manchen wollen hohe Dividenden, andere lieber wachsende Kurse, wieder andere eine Mixtur daraus. Und nach der jeweiligen Strategie werden die Aktien gekauft (oder verkauft).
          Dir gefällt die Dividende bei Pfizer, Matthias gefällt etwas nicht an Pfizer oder ist der Meinung er braucht was in der Hinterhand oder hat ein besseres Papier gefunden. Das kann aber nur Matthias beantworten.

          Nachdem Du BP als größte Position hast, liegt Dein Schwerpunkt eben bei Dividenden. Wenn Du Dich dabei wohlfühlst, ist doch alles ok und das ist das wichtigste: Du fühlst Dich wohl mit Deinem Invest. Unwohl fühlen bei einem Invest ist immer schlecht – auch für die Gesundheit – und hilft nicht, um Ruhe ins Depot zu bekommen („Hin und Her macht Taschen leer“).

          Wir hier tauschen einfach unsere Meinung zu Aktien aus und diskutieren darüber. Das ist schon Alles; und doch sind die Informationen oft sehr hilfreich.

          Falls Du irgendwann Deine Strategie wechselst, empfehle ich das step-by-step und ruhig zu machen. :)
          Dann musst Du Dich nämlich neu kennenlernen. (meine Erfahrung ;) )

          1. Richtig Börsenhai,
            bei mir ist es derzeit so (ausgehend von einem Zeithorizont von 10 – 15 Jahren bis zur Rente):
            a) Ich schaue mir vor allem Geschäftsmodell und wichtige Kennzahlen wie Debt-per-Equity, Gewinn- und Umsatzwachstum, ROI, KGV, EK-Höhe, FCF und Current Ratio an. Wenn das meiste davon stimmt,
            b) …achte ich vor allem auf die Mixtur aus Kursrendite, Dividendenhöhe (außer bei Wachstumsaktien wie Alphabet oder Intuitive Surgical) und Dividendenwachstum.
            Die 3 Faktoren aus b behalte ich immer im Blick. Bei den oben erwähnten passte etwas davon nicht mehr richtig. Wenn dann noch Zweifel am Geschäftsmodell in mir keimen, sattele ich mitunter das Pferd um.
            Ein ergänzendes Beispiel: Als Fan von REITs (die leider teilweise arg verschuldet sind) habe ich auf das Pferdchen Alexandria Real Estate gesetzt. Schöne Dividende und 5-Jahres-Div.wachstum oberhalb 5%. Kennzahlen insgesamt gut. Unangenehm: Seit dem Hoch Januar 2022 (195 EUR) kommt der Kurs nicht mehr so recht hoch. Wiederum für ARE stimmt die Idee des Geschäftsmodells: Vermiete Immobilien an Firmen, die im Biotech-Bereich tätig sind. Ich meine: Das hat Zukunft.
            Was nun also tun? Ich bin da etwas ratlos und zögere…
            Die Dividende wird zuverlässig gezahlt, immerhin.
            Jetzt aussteigen und einem weiter sinkenden Kurs zuvorkommen? (wie ich es gemacht habe bei Medical Properties oder China Mobile)
            Oder hoffen, dass sie sich erholen und die aktuelle Entwicklung nur eine temporäre Seitwärtsentwicklung ist?
            Was ich bei aller Dividendenbegeisterung halt auch in mir spüre: Ich setze ungern auf Firmen, deren Aktienkurs mehrere Jahre rückläufig ist. ;-)
            (erinnert mich an 3M, die ich dann auch schlussendlich verkaufte… Kurs hat sich 2024 immerhin etwas erholt… Debt-per-Equity jedoch 3,5 bzw. 350%, das gefällt mir nicht…;-).
            Herzliche Grüße von Matthias

        3. Hi Florian u Mathias

          Die Vor- u Nachteile einer Firma lernt man meist erst im Laufe der Zeit kennen. Leider ! Meist funktioniert das so, dass man inspirierende Neuigkeiten hoert, einen oder zwei artikel darueber liest, die Bewertung beurteilt, ein kurzes BilanzCheckup durchfuehrt ( mit finanzen.net, wsj, aktienfinder ), und dann, wenn „ueberzeugt“, kauft. In der Nachkaufzeit macht man dann eine historische Aufarbeitung der Firma, und wird oft desillusioniert. So geschehen bei mir mit Pfizer. Mein Fazit bzgl PFE : Die Firma ist alles andere als aktionaersfreundlich. Die schmeisst ihr Geld im hohen Bogen zum Fenster raus. Durch masslos ueberteuerte Uebernahmen. Das war schon immer so. 15 Jahre etwa hab ich das zurueckverfolgt. Das neueste Beispiel dafuer : SeaGene. Die stellen sich so etwa auf den Standpunkt : jetzt haben wir mit dem Corona Impfstoff schoen Geld einsammeln koennen, dann koennen wir ja auch „mal“ etwas spendabel sein mit dem Übernahme Preis. Autschi, meine Backe. Und aus diesem Grund haben die es auch seit 35 Jahren, trotz Viagra, nicht geschafft, eine anstaendige Kursperformance hinzulegen.
          Ich hab nun mal das Ding, begeistert bin ich nicht, aber verkaufen tu ich sie auch nicht. Nicht zu diesem Preis. Da ist mehr drin. Vielleicht klappt das ja noch in den naechsten anderthalb Jahren mit ihrer Abnehmpille. Bis dahin kassier ich eine gute Dividende ein ….

  4. …… P.S. : hab heute morgen und in den letzten Tagen Chevron gekauft. Auch ne gute Dividende !. Mein Depot ist Oel ueberlastet. …. aber es wird auch in 50 Jahren noch Oel gebraucht !

    ……. und Strom ! Viel Strom. !!!!

  5. Also, „too big to fail“ hatte ich bei Intel auch gedacht … Vielleicht ist Größe manchmal auch ein Hindernis, man ruht sich auf den Lorbeeren aus und verpasst irgendwie das Entscheidene. Ich weiß es nicht, aber glaube, Größe allein ist kein Kriterium.

  6. @Thomas:
    Nun stehen mit Pfizer und Intel aber gerade zwei ausgeprägte Zykliker in der Kritik (Intel ist natürlich noch mal mehr Zykliker als Pfizer). Gut, fairerweise hat bei beiden Titeln nicht nur die Zyklik reingespielt, sondern – vielleicht etwas euphemistisch ausgedrückt – auch die Fortune gefehlt. :-) Zur Größe von Unternehmen, insbesondere wenn es sich um Produkte handelt, die auf Basis zahlreicher Einzeltransaktionen verkauft werden: Man unterschätze nie, welche Resilienz eine hohe Top Line vermittelt. Ich selber habe auch small und mid caps, aber ich weiß um die Big Caps innewohnende Stärke auch schwierige Phasen gut durch zu stehen. Und wenn man doch mal sieht, wie Riesen wie eine Nestle oder Procter & Gamble trotz aller Größe und vermutlich damit verbundenen auch eingeschränkten Effizienz immer noch auch rein organisch wachsen können, finde ich das schon recht erstaunlich bzw. positiv.

    @Manfred:
    Das Big Pharma gerne andere aufkaufen um ihre eigene Entwicklungs-Pipeline zu bolstern, ist ja gängige Praxis – so weit so gut oder auch eben manchmal nicht. Aber (ganz) konkret: Wie analysierst Du das denn, zum Beispiel konkret anhand eines Kandidaten wie Pfizer, ob sich die Zukäufe gelohnt haben, oder nicht. Hast Du eine Datenbank oder anderweitig Intelligence, wie viel Umsatz und wie viel Marge zugekaufte Präparate bringen und setzt das ins Verhältnis zum Kaufpreis (auch historisch zurückblickend) oder machst Du rückwirkend einen Check, ob Good will in der Bilanz aufgelaufen ist?

    Mein Problem ist: Wenn ein Unternehmen ein anderes kauft, kann man ex-ante immer ganz gut über den Daumen peilen, wie hoch der EBITDA oder ein anderer Kaufpreis-Multiplikator ist und sich dann die Karten legen, ob man das teuer findet, oder nicht. Das ist aber eine reine Zeitpunkt-Betrachtung bezogen auf einen Zeitpunkt vor dem Kauf. Aber rückblickend in den Spiegel für längere zurückliegende Zeiträume finde ich gar keinen richtigen Ansatz, dass erfassen zu können, inwieweit es nach hinten raus auch aufgegangen ist. Da wäre ich wirklich interessiert, wie Du an die Sache best practice mäßig rangehst. Man müsste ja dafür im Jahresbericht etwa Fundstellen finden, wie viel Umsatz einzelne Präparate gebracht haben und würde dann aber immer noch nicht sehen können, inwieweit weitere Synergie-Effekte erzielt wurden, die sich vielleicht nicht mal umsatz-, aber durchaus kostenseitig positiv niedergeschlagen haben.

    Da hört es bei mir dann doch auf, weil ich kein Bilanz-Detektiv bin.

    1. …vllcht noch als Ergänzung: Wenn ich meine Halma in meinem Depot nehme, deren Geschäftsmodell ganz stark auf anorganisches Wachstum und Einbindung des aufgekauften Unternehmens in die Gruppe ausgerichtet ist, kann ich diese Frage rückblickend zumindest für mich soweit recht einfach beantworten, als dass durchgängig seit vielen Jahren Kapitalrenditen von >20 Prozent verdient werden. Dann muss die Kapitalallokation in Form von Zukauf von Wettbewerbern so schlecht nicht gewesen sein. Das sind dann so Evidenz-Fälle, wo ich es mir selber gar nicht mehr richtig herleiten muss (Danaher und andere Konsorten sind da ja ähnlich klar…). Na ja, vielleicht reicht das als Hausmanns-Kost auch für meine Zwecke so aus… :;-)

    2. Tobs,

      ein Beispiel allerdings nicht aus Pharma!!
      Church&Dwight kauft seit Jahren andere Firmen. Bisher haben Sie es geschafft, nach 2-3 Jahren daraus Profit zu schlagen. Der Cashflow geht natürlich kurzfristig runter, aber derappelt sich immer. Wohlgemerkt bisher!
      Und das mit Backsoda als Starter. Keine Anlageempfehlung!

      Im Bereich Pharma muss man allerdings langfristiger denken. Eine aufgekaufte Firma bringt selten Produkte mit, sondern eher „Ideen“ (Forschung und Studien) und der Druck, dass die Firma ein anderer kauft, ist in dem Bereich sehr hoch.
      Zusätzlich ist das net income und der Cashflow extrem davon abhängig, welche Produkte in die Pipeline kommen oder auslaufen und wielange. Die Betrachtung erfordert hier einen tiefen Blick in die Sparten, wer, was und wann liefert.

    3. Hi Tobs

      Du wirfst hier eine wirklich gute Frage auf – „Wie bewerte ich ob die Übernahmen etwas gebracht haben?“. Und am Zeitversatz meiner Antwort wird ersichtlich, dass man darüber ernsthaft nachdenken muss bevor man was sagt.

      Erster Punkt dazu: Ich glaube immer, man muss die Dinge möglichst einfach halten. Jede einzelne Akquise nach Kosten und Nutzen auszuwerten dürfte für uns Kleinanleger unmöglich sein. Selbst wenn man nur in den Rückspiegel schaut! Ich liebe den Spruch: „Lieber ungefähr richtig, als genau falsch!“ ;-)

      Zweiter Punkt: Eine gute Ungefähr-Richtig-Kennzahl wäre für mich der Return auf das eingesetzte Kapital (ROIC). Die Übernahmen werden ja im Normalfall mit Fremdkapital oder Eigenkapitalerhöhungen finanziert. Sprich sie beeinflussen den Nenner der Kennzahl. Damit nun die Kennzahl gleich bleibt oder evtl. sogar steigt, müsste also der Zähler (über-)proportional dazu wachsen. Dann wären die Investitionen in Summe erfolgreich. Gerade bei den Zyklikern ist das natürlich schwierig, da der Zähler hin- und herhüpft. Da müsste man also geeignete Mittelwerte bilden. Also auch eine Art längerfristiges Denken wie Börsenhai gesagt hat.

      Ich bin offen für andere Ansätze. :-)

      Beste Grüße,
      Chrischaan

      1. Hallo Chrischaan,

        Du sprichst einen weiteren wichtigen Punkt an, der bei mir vielleicht etwas versteckt war, aber deswegen habe ich Church&Dwight als Beispiel gebracht:

        Finanzsituation des Käufers und des Gekauften!!!
        Größe der Übernahme im Verhältnis des eigenen Kapital bzw. der Schulden
        Finanzierung der Übernahme (Cash, Fremdkapital, Aktien, Mix daraus)
        Vertrauen in das Management!!!

        Die Gefahr der Mittelwerte liegt in den Zeitpunkten und den Zeiträumen. Dafür hätte ich keine Lösung, da sich auch das Umfeld des Unternehmens ändert, was die Zahlen und damit die Mittelwerte beeinflusst.
        Alleine mit Zahlen würde ich es nicht angehen, eher als persönliche (Vor-)Einschätzung.

        @Tobs, das Problem liegt eher darin, dass eine Übernahme eine Wette in die Zukunft ist. Ob der Zukauf richtig eingebunden wird, oder selbstständig agiert aber Teil des Unternehmens ist, wird man nie im Voraus beurteilen können. Und wie die Zahlen wachsen, steht in den Sternen. Dazu müsste man die Gene der Firma und Internas kennen (wir Kleinanleger können das das nicht).
        Hier gebe ich Chrischaan recht, dass ein „ungefähr richtig“ gar nicht so schlecht ist. Als gute Voraussetzung würde ich sehen, ob ein Unternehmen die bisherigen Übernahmen smooth durchgezogen hat und ob die Übernahme als persönliche Beurteilung „im Rahmen“ ist.
        Ich halte Chemie und Pharma als die kritischsten Branchen bei großen Übernahmen.

        Jede Übernahme des Käufers wird als Marketing behandelt, um die Aktionäre gut gelaunt zu halten. Die Zahlen sind immer nur best-case. Was ich nicht verurteile, weil Investoren UND Belegschaft beruhigt werden müssen.

  7. @Chrischaan,
    vielen Dank für die mit dem ernsthaften Gedankenmachen verbundenen Mühen. Tatsächlich hat der ROIC den Charme, dass bei der Betrachtung die Kapitalstruktur nicht einbezogen wird. Man kann dann vermutlich am ehesten sehen, ob auch nach Abschluss des Merger das Unternehmen das eingesetzte Kapital zumindest gleich effizient zur Gewinnerzielung einsetzt. Wobei ich mal salopp behaupten würde, dass man Unternehmen, wie gerade zum Beispiel Kreditinstitute oder Versicherer, als Zweit-Check doch immer noch mal einen Blick auch auf den ROE werfen sollte, weil diese Form von Unternehmen natürlich regulatorisch bedingt eine Menge nicht operativ eingesetztes Kapital in der Bilanz stehen haben. Da interessiert es mich natürlich dann doch sehr, ob die Eigenkapitalrendite durch das übernommene Unternehmen fällt oder steigt, und vor allen Dingen eben auch mit welchen Hebel=Risiko auf die Bilanz.

    @Börsenhai:
    Auch Danke. Ja, ich denke ex ante vor einem Merger kann man das überhaupt nicht wirklich beurteilen und das Management wird das nach extern immer supporten, selbst wenn intern darüber ein heftiger Dissenz besteht. Es gibt ja durchaus Akquisitionen, bei denen der CEO der einfädelnde Deal Maker ist (erst Recht, wenn es keine duale Struktur gibt und der CEO auch noch Chairman des Verwaltungsrat ist), und das Board darüber total zerstritten ist, aber je nach politischer Lage das dann natürlich zusammen durchzieht.

    Was mich beschäftigte ist das Thema, dass man häufiger – zum Beispiel in Börsenblättchen – liest, das Unternehmen xyz hätte bewiesen, dass es sehr gut anorganisch wachsen könne. Das wird dann aber in der Regel nicht fundiert oder wenigstens sonst wie eingeordnet, sondern einfach so salopp dahingesagt. Ich habe nicht den Anspruch, alles en detail verstehen zu können (ich bin realistisch genug ob meiner eigenen Limitierungen), aber etwas Evidenz möchte ich schon irgendwie anfassen können. :-)

    Ich sehe es wie Ihr: Man weiß es vermutlich eben erst ein paar Jahre später mit einem Primitivansatz, ob das Unternehmen sich auf Basis der gängigen Finanz-KPI gut weiterentwickelt hat. Vielen Dank für Eure Einschätzungen.

    1. Hallo, das Problem ist doch, wann fängt man mit anorganischem Wachstum an.
      Wenn man mit organischem Wachstum an seine Grenzen stößt.
      Ein schönes Beispiel für erfolgreiches anorganisches Wachstum ist zum Beispiel EssilorLuxottica.
      https://companiesmarketcap.com/essilor-luxottica/revenue/
      Essilor produziert Brillengläser. Luxottica produziert Brillenfassungen.
      Sie kaufen alle relevanten Brillenmarken-Marken auf wie zum Beispiel RayBan oder Oakley.
      Sie haben mehr als 50 Brillenmarken und installieren selber neue und modulieren die Trends selber.
      Dann kaufen sie die Stores nach und nach auf. In Deutschland zum Beispiel die Apollo-Optik Kette. In den Stores (Europaweit/Weltweit) werden smart alle bisherigen Lieferanten herausgedrängt (oder zu billigeren Preisen gezwungen) und dann die hauseigenen Produkte vertrieben, hier entsteht dann echte Skalierung, weil die hauseigenen Produkte dann über Volumensteigerungen billiger in der Produktion werden.
      Man kauft über die Stores, global, wo es nur geht, Marktanteile zusammen und gewinnt zunehmend Marketshare. Man rebranded die Stores. Dann hat man langsam Preissetzungsmacht. Man unterbietet und drängt den Wettbewerb raus und wo es der Wettbewerb zuläßt, steigert man selbst die Preise. Etc etc, bis die Wettbewerbsbehörde kommt.

      Man sieht es m.E. einfach allgemein am Erfolg der Firma, am rasant steigenden Revenue total, es sollte die Marge/Margin in gleichem Masse oder überproportional zum Revenue steigen, Marketshare sollte sichtbar steigen,(Anzahl der Stores, Niederlassungen) die Produkte sollte man dann schon kennen
      hohe Kundenzufriedenheit etc etc. Wenn die Firma wächst, blüht und gedeiht, so würde ich das sehen.

    2. Neben dem ROIC schaue ich mir auch immer an wie lang es dauern würde das Fremdkapital mit dem FCF zurückzuzahlen. Oder ob ein Unternehmen, welches mit negativem EK agiert (z.B. MSCI Inc.), das relativ schnell ändern könnte. Auch die Stabilität der FCF-Ströme spielt eine wichtige Rolle.

      Wenn ein Unternehmen relativ stabil >15% ROIC hat und mit dem FCF die Finanzverbindlichkeiten in <3 Jahren zurückzahlen kann und man von stabilen FCF-Zuflüssen ausgehen kann (hier spielt der Burggraben und das Geschäftsmodell eine Rolle), ist dieses Unternehmen schon mal äußerst interessant!

      Es gibt auch Unternehmen die tlw. mit extrem hohen ROIC unterwegs sind (FTNT) weil sie quasi kaum Kapital haben. Dann ist die Kennzahl auch nicht so geeignet, es deutet aber auf ein spannendes Geschäftsmodell mit gutem Float hin. Evtl. werde durch Subscribtion-Modelle oder Prämien permanent sichere Geldflüsse ins Unternehmen gespült, welches dann weniger eigenes Kapital notwendig macht.

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