Reißleine gezogen, bevor die Gewinne weg sind

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Die Aktie hat mich einige Jahre begleitet. Und ich war auch ein bißchen stolz darauf, sie damals auf dem Kurszettel entdeckt zu haben. Sie war das klassische langweilige Investment: Monopolstellung, keine negativen Nachrichten, solider Cash-Flow, steigende Dividenden und positive Aktienkursentwicklung.

Für diese Aktie machte ich eine Ausnahme und investierte sogar in einer Region, aus der wenig Informationen zu uns dringen und in der ich eigentlich von einer Einzelaktienanlage abraten würde.

Doch die letzten Wochen haben mir gezeigt, dass ein Einzelwert noch so überzeugend sein kann. Wenn die Stimmung umkippt und politische Risiken Überhand nehmen, dann kann man auch mit der besten Aktie nicht mehr ruhig schlafen.

Ich hatte zwar keine schlaflosen Nächte, aber habe mir zuletzt täglich die Frage gestellt, was wohl noch passieren kann. Da ich solche Gedanken bei den Aktien in meinem Depot aber nicht haben will, habe ich die Reißleine gezogen und alle Aktien verkauft.

Natürlich nicht alle Aktien im Divantis-Depot, sondern alle 2.000 Aktien, die ich von MTR im Depot habe. MTR habe ich hier ausführlich vorgestellt. Das Geschäftsmodell liegt im Wesentlichen im Betrieb der U-Bahnen von Hongkong und Stockholm sowie weiteren Bahnlinien, u.a. in China.

Die Proteste in Hongkong hatten der Aktie zunächst überhaupt nichts anhaben können. Noch bei der Dividendenzahlung im Juli war ich sehr positiv gestimmt. Der Aktienkurs lag da auch noch über 6,00 €.

Seit die Proteste aber immer intensiver wurden, zuletzt stellte der Flughafen seinen Betrieb ein und mehrere U-Bahn-Stationen wurden besetzt, ging die Aktie in den Sinkflug. Gute 20% Kursminus in der kurzen Zeit waren schon zu verzeichnen.

Unter normalen Umständen hätte ich über einen Nachkauf von MTR nachgedacht. Aber hier sind mir die politischen Risiken viel zu groß. China denkt offenbar ernsthaft darüber nach, mit seinem Militär nach Hongkong einzudringen und die Proteste gewaltsam niederzuschlagen.

Möchte ich in so einer Lage in diesem Land investiert sein? Ein klares Nein!

Und da ich immer noch ordentliche Gewinne auf der Aktie stehen hatte – zum Jahreswechsel 2018/2019 stand sie beispielsweise noch bei 4,59 € – habe ich mich entschieden, die Reißleine zu ziehen.

Der Aktienverkauf im Detail

Ich verkaufte daher am 14.08.2019 meine gesamte Position (2.000 Stück) zum Kurs von 5,139 € über Tradegate. Die Aktien lagen in meinem Depot bei der Augsburger Aktienbank. Nach Abzug aller Gebühren und Steuern erhielt ich eine Gutschrift von 9.857,70 €. Unterm Strich (inkl. erhaltener Netto-Dividenden) ist das ein positives Ergebnis von 27,9% nach Steuern. Angesichts der Anlagedauer ist das nicht überragend. Aber auch nicht so schlecht.

Verkauf MTR Aktien im August 2019

Und was mache ich jetzt mit dem Verkaufserlös?

Mit diesem Zufluss an Liquidität hatte ich nicht gerechnet. Angesichts der aktuell wackligen Börsenlage ist das aber auch nicht verkehrt. Ich möchte den Verkaufserlös prinzipiell auch wieder anlegen. Einen „kleineren“ Kauf habe ich bereits taggleich getätigt, darüber berichte in den nächsten Tagen in einem eigenen Beitrag. Ansonsten schaue ich auf meine Watchlist und warte auf Kaufgelegenheiten. Gerne nachkaufen würde ich VINCI, Coca-Cola, 3M, BlackRock, Medtronic und Sekisui House. Spannend finde ich aber auch diese beiden Aktien, bei denen ich sogar im Infrastrukturbereich bleiben würde.

Auf einen Blick:

Unternehmen:MTR
ISIN:HK0066009694
Im Divantis-Depot seit:27.11.2015
Letzter Nachkauf am:10.08.2016
Stückzahl im Divantis-Depot:2.000
Durchschnittskaufkurs inkl. Gebühren:4,39 €
Gesamtkaufpreis:8.781,64 €
insgesamt erhaltene Netto-Dividenden:1.372,00 €
verkauft am:14.08.2019
Durchschnittsverkaufserlös abzgl. Gebühren und Steuern:4,93 €
Gesamtverkaufserlös:9.857,70 €
Gewinn/Verlust:2.448,06 €
Gewinn in Prozent:27,88%

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17 Gedanken zu „Reißleine gezogen, bevor die Gewinne weg sind“

  1. Hallo lieber Ben,

    danke für den Beitrag. Ich bin jetzt schon etwas verunsichert, wenn sogar du als Langzeit-Aktionär solche Konsequenzen ziehst. Eigentlich wollte ich mich von gewissen Tiefs nicht wirklich aus der Fassung bringen lassen, aber so richtig wohl ist mir bei den ständig sinkenden Werten jetzt auch nicht mehr….:-/

  2. Hallo Ben, schade. so wird es keine updates zu dieser Aktie geben und Kommentare. Ich behalte meine MTR noch. habe aber nur eine kleine Position. werde sie aufstocken falls sie stark fallen sollten. aber zurzeit sieht das nicht so aus. vielleicht steigst du ja wieder ein :-)

    1. Ja, heute sieht die Welt schon wieder besser aus bei MTR. Aber so ist das eben, man verkauft zum Tiefststand und kauft zum Höchststand. ;) Mal schauen, wie sich Hongkong entwickelt. Vielleicht steige ich auch wieder mit einer kleineren Position ein, wenn sich alles beruhigt hat.

  3. Das ist das Problem bei diesen fernen Firmen. Der Informationsfluß ist teilweise ungenügend und es ist schwieriger Informationen zu beschaffen. Du schreibst ja selbst, dass Du für diese Aktie eine Ausnahme machst und in einer Region investierst, aus welcher nur spärlich Informationen zu uns fließen. Wenn es dann aber an der Börse rumpelt ist man verunsichert und dieser mangelnde Informationsfluss tut sein übriges. Das ist eine Erfahrung diese musste ich schon vor Jahren machen. Deshalb gilt für mich „Hände weg“. Eigentlich sieht der Langfristchart bei MTR überhaupt nicht so schlecht aus. Einstiegs oder Aussstiegsgelegenheit? Das wird erst die Zukunft beantworten. Aber deshalb habe ich definitiv solche Aktien nicht. Es gibt genug andere Möglichkeiten. Und wer weiß, wann und bei welchem Indexstand das Börsengewitter zu Ende ist. 11.000 Punkte im DAX bei 10.000 oder 9.000 oder vielleicht 6.000 oder noch tiefer. Wer weiß das schon. Ich weiß nur eines, wenn man nicht 100% sich in dem Unternehmen sicher ist, dann wird das zur Tortour. Und das „aussitzen“ wird zur Hölle. Mal schauen wie weit es runtergeht und wer es an die Nerven bekommt.

    Ich habe das bereits im Juni geschrieben. Wirtschaftlich sieht es total „sch……. “ aus. So nach und nach merken es auch die anderen. Im Prinzip geht es seit Herbst 2018 mit einer gewissen nachlassenden Dynamik abwärts. Jetzt könnten wir an der Arbeit schon fast „Schiffe versenken“ spielen, Skat oder 17+4. Da sind wir aber nicht alleine, unseren Kunden und Lieferanten geht es genauso. Und im Herbst wenn der Urlaub vorbei ist und die ganze Mannschaft wieder da ist, dann werden die jetzt nicht gebuchten Auftragseingänge als Aufträge fehlen. Kurzarbeit lässt grüßen. Unsere Firma ist nur ein Spiegelbild der Elektro- Metallindustrie inkl. Maschinenbau, Automobil und teilweise der Chemiebranche usw. Da wird es noch weitere Gewinnwarnungen der entsprechenden Firmen geben. Das 3 Quartal ist noch schlechter angelaufen als das zweite aufgehört hat.
    Was macht die Börse? Warten wir es mal ab. Salvini, Brexit, Staatsverschuldungen, Donald Trump und Handelsstreit tun ein Übriges. Irgendwann wird es sich normalisieren. Aber ich würde mich auf weiteres Ungemach einstellen. Und wenn nicht, Glück gehabt.
    Und da bin ich froh, wenn ich Aktien im Depot habe, von welchen der Informationsfluss stimmt und welche die letzten Jahrzehnte stabil durch die Krisen gekommen sind. Hier vertraue ich tatsächlich darauf, dass wenn sich die Situation wieder normalisiert hat, diese auch wieder steigen. bevorzugt sind hier Pharmafirmen, Medizintechnik und Konsumgüterhersteller zu nennen. Von allem Zyklischen und fernen Aktien versuche ich mich auch fern zu halten. Panik ist ein schlechter Ratgeber. In der Krise werden die zukünftigen Gewinne gemacht.

    1. Es kann aber auch anders kommen und die Rezession ist nur ein weiter Meilenstein fuer den Abstieg Deutschlands. Und das kann 30 Jahre so gehen. deshalb besser auch in Asien und vor allem USA investiert sei .

    2. Hallo star,

      hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Einschätzung teile ich Deine Sicht. Eigentlich müsste es schon richtig gekracht haben an der Börse. Die niedrigen Zinsen und mangelnde Alternativen in der Geldanlage halten aber noch alles im grünen Bereich. Das hatten wir so früher nicht und deshalb ist die Situation neu und irgendwie auch so schwer einzuschätzen. Ich halte es da ähnlich wie Du und versuche auf defensive Werte zu setzen. Mit ihnen sollte ich einigermaßen entspannt durch die Geschichte kommen.

      Viele Grüße Ben

  4. Ich verstehe deine Sorgen und hätte vielleicht aus der Emotion heraus, genauso gehandelt. Auch wenn ich zwar nicht glaube das sich China das traut. China versucht immerhin seit Jahren sich ein gutes Image aufzubauen und die internationale Reaktion wären wahrscheinlich Sanktionen, was sich China anhand der abkühlenden Wirtschaft und des Handelskrieges nicht erlauben kann. Trotzdem sehe ich noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein Eingreifen Chinas, allerdings selbst wenn würde das wahrscheinlich langfristig nicht viel ändern – siehe Massaker am Platz des himmlischen Friedens. Mich würde interessieren was du von Lenovo hältst. Dividendenrendite von fast 5% und trotz Handelskrieges mit steigenden Gewinnen, und momentan günstig zu haben. Aus der persönlichen Erfahrung finde ich die Geräte top und günstig in Relation zur Konkurrenz.

    1. Hallo Mark,

      ich habe mich noch nie näher mit Lenovo befasst. Ich selbst nutze nur Apple-Geräte. Ich sehe bei einem Hardware-Hersteller wie Lenovo keinen Burggraben. Das Unternehmen hat zwar eine führende Marktstellung, ist aber an sich komplett austauschbar. Gerade im PC/Laptop-Bereich wechseln doch alle paar Jahre die Marktführer. Deshalb kommt die Aktie für mich nicht in Frage. Apple habe ich übrigens aus den gleichen Gründen nicht im Depot. Jedenfalls als sie noch günstig waren, waren das die Gründe nicht zu investieren. Inzwischen hat Apple ja einen Burggraben und eine eigene Nutzerwelt an sich gebunden. Sowas sehe ich bei Lenovo aber auch in Zukunft nicht.

      Viele Grüße Ben

    1. Ich würde gerne umgekehrt antworten: Ich schließe es nicht aus, MTR wieder zu kaufen. Dazu muss sich aber erst mal die politische Situation in Hongkong nachhaltig beruhigt haben. Und dann hätte ich gerne Kurse unterhalb meines Verkaufskurses. Dann beschäftige ich mich wieder damit. Von MTR selbst bin ich weiterhin überzeugt. Aber die Rahmenbedingungen müssen halt auch passen.

      Viele Grüße Ben

  5. Hallo Ben,

    die Kurse unterhalb des Verkaufserlöses wären wieder da… jetzt überlege ich auch mal den Einstieg dort, zumal ich noch Geld vor Ort liegen habe.
    Oder möglicherweise ASM Pacific, die haben in dem Sinne einen Burggraben, dass alle Hardware Hersteller auf ihre Produkte angewiesen sind, egal welcher von denen gerade Marktführer ist.

    Viele Grüße

    Claus

    1. Hallo Claus,

      ich bin überrascht, dass der Kurs von MTR immer noch so hoch ist. Die U-Bahn ist jetzt mehrfach komplett stillgelegt gewesen und viele Haltestellen sollen stark demoliert sein. Der Tourismus in Hongkong ist massiv zurückgegangen und sorgt für weniger Umsätze.
      Die politische Situation ist zudem immer noch kurz vor einer Eskalation. Das ist mir alles zu heiß!

      Viele Grüße Ben

    1. Hallo Dan,

      sehr aufmerksam von Dir! Verkauft habe ich für 5,139 € je Aktie, heute könnte ich sie für 3,22 € kaufen. Der Chart sieht aber eher wie ein fallendes Messer aus. Aktuell befinden wir uns – bezogen auf die letzten 5 Jahre – auf einem Tiefststand.

      Die politische Situation in Hong Kong ist zwar seit meinem Verkauf nicht weiter eskaliert. Aber ich sehe das inzwischen wie ein China-Investment. Und davon lasse ich die Finger. Zu unsicher ist mir die Rechtsposition als Aktionär. Da investiere ich mein Geld lieber in anderen Regionen. Wenngleich ich Infrastruktur in Form einer U-Bahn immer noch sehr, sehr überzeugend finde.

      Bist Du bei MTR investiert?

      Viele Grüße Ben

      1. Hi Ben,

        Du hast zwar mich nicht gefragt, aber ich habe sie tatsächlich vor wenigen Wochen zu 3,50 Euro eingekauft.

        „Infrastruktur U-Bahn“: Hierzu muss man einfach nur wissen (und das in Bezug auf Exposure/Risiko schlicht für sich individuell bewerten), dass „Infrastruktur“ als Begriff weit auszulegen ist. Sie sind nicht unbedingt ein pure U-Bahn-Unternehmen. Signifikante Anteile des Umsatz entfallen auf Shopping Mails und auch Gebäude (Vermietungsgeschäft) im Zusammenhang mit Grundstücken rund um die Bahnhöfe. Außerdem scheinen sie auch ein wenig Exposure im Entwicklungsgeschäft von Immobilien (im vorgenannten Kontext) zu haben, was natürlich größere Rechts- und auch Korruptionsrisiken nach sich zieht. Daraus folgt, dass man mit dieser Aktie ein gar nicht mal so defensives Risikoprofil eingeht, wie man auf den ersten Blick meinen könnte. Die Fundstelle (Morningstar) fasst es ganz gut zusammen:

        „MTR constructs and operates Hong Kong’s rail network, giving it a monopoly position. In addition to rail operation, the firm makes recurring income from commercial business within the stations. This includes rental of retail outlets and advertisement within the station and investment properties in shopping malls above stations. Residential real estate development forms part of MTR’s return for the rail operation. Average operating profit, in a normalized environment, is approximately 20% in rail operation, 60% in station commercial and property leasing business, and 20% in property development. The Hong Kong government owns 75% of MTR.“

        China-spezifisches Risiko: Bei meinen HK-Investments geht meine persönliche Sorge vor Eingriffen Chinas selbst nahezu gegen Null (damit meine ich nicht Regulierung rund um Geschäftsmodelle, sondern Eingriff in das Eigentum bzw. Aktionärsrechte). Allerdings habe ich großen Respekt vor der Gefahr, dass ich als Deutscher schlicht im „falschen“ Block lebe und wegen Kapitalverkehrskontrollen von unserem westlichen System davon abgehalten werde, auf mein Eigentum zuzugreifen (ähnlich wie in Russland). Das macht mir gegenwärtig einigermaßen Kopfschmerzen.

        VG Tobs

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