Mein schönster Moment an der Börse

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Der Finanzblogger Sanja hat zur Blogparade zum Thema „Mein schönster Moment an der Börse und als Investor“ aufgerufen und das hat mich animiert, mir Gedanken dazu zu machen.

Ein schönster Moment als Investor ist mir nicht eingefallen. Natürlich freue ich mich über Dividendenerhöhungen oder positive Quartalszahlen von Unternehmen, in die ich langfristig investiert habe. Aber das ist für mich so normal und aufgrund meines Anlagestils vorhersehbar, dass ich das nicht zu den schönsten Momenten zählen kann.

Anders ist es mit einem schönsten Moment an der Börse. Da fällt mir sehr wohl einer ein, der aber nichts mit Investieren zu tun hat. Sondern sich auf die Zeit bezieht, in der Börse auf einmal auf den Titelseiten der BILD-Zeitung zu finden war und Gesprächsthema auf der Straße und beim Einkaufen war. Das ist lange her, nämlich 18 Jahre.

Mein schönster Moment an der Börse spielt im Jahr 2000. Ich war damals gerade mit meinem Studium fertig und fasziniert vom Börsen-Hype um den Neuen Markt und Technologiewerte. Ich hatte mich aber weniger auf den Handel mit Aktien konzentriert, sondern auf das Zeichnen von Neuemissionen. Das war wie Lottospielen ohne Einsatz. Die Zuteilungen wurde verlost. Und wenn man bei der Verlosung Glück hatte, bekam man einige Aktien zugeteilt und konnte sie mit einem riesigen Kursgewinn am ersten Handelstag verkaufen. Ein Risiko sah ich nicht und faktisch gab es auch keins. Jedenfalls solang sich das Glücksrad weiter drehte.

Ich hatte das Spiel zur Perfektion getrieben und insgesamt 13 Wertpapierdepots bei allen denkbaren Banken. Man konnte zwar meistens bei allen Banken Zeichnungen abgeben, aber nur die emissionsführenden Banken erhielten überhaupt Aktien, die sie an ihre Kunden weiterreichen konnten. Deshalb war es wichtig, überall Geschäftsverbindungen zu unterhalten und so die Chance auf Zuteilung zu erhöhen.

Mein schönster Moment an der Börse war dann die Emission der Infineon AG. Die waren damals noch ein Teilbereich von Siemens und wurde mitten im großen Börsenhype an die Börse gebracht. Am 13.03.2000 wurde die Aktien zum Kurs von 35,00 € emittiert. Für Frühzeichner gab es sogar noch einen Rabatt von 1,00 €. Die Emission war damals die größte Emission einer Technologie-Aktie weltweit und der zweitgrößte Börsengang den Deutschland bis dato gesehen hatte (nach der T-Aktie).

Die Emission war 33-fach überzeichnet und die Aktien wurden unter den Zeichnern verlost. Wenn man ausgelost wurde, dann erhielt man trotzdem nicht die gezeichnete Stückzahl, sondern nur einen Bruchteil nach folgendem Schema: Wer als Frühzeichner 50 bis 249 Aktien bestellt hatte, erhielt 40 Aktien. Wer 250 bis 499 Aktien zeichnete, bekam 70 Aktien zugeteilt. Darüberhinaus gab es bei Zeichnung bis 999 Aktien 125 Aktien. Und die großen Privatanleger, die mehr als 1000 Aktien gezeichnet hatten, erhielten  250 Papiere. Anleger, die erst nach dem 1. März bestellten und ausgelost wurden, erhielten 35 Wertpapiere.

Ich hatte standardmäßig in jedem meiner Depots jeweils 101 Aktien gezeichnet. Man musste damals keine Deckung für Zeichnungen vorhalten… Und was soll ich sagen: Ich war so ein Glückspilz, ich erhielt in 3 Depots eine Zuteilung. War also dreimal ausgelost worden und dadurch Besitzer von 120 Infineon-Aktien. Damit war ich am Emissions-Tag auf der Arbeit der absolute Held. Von den 40 Kollegen, die wir damals hatten, hatte gefühlt jeder gezeichnet. Und nur ein anderer hatte eine Zuteilung über 40 Aktien erhalten. Alle anderen waren leer ausgegangen. Und ich hatte gleich dreimal Glück!

Während der Zeichnungsphasen wurden die Aktien schon am Graumarkt gehandelt, so dass man die voraussichtlichen Zeichnungsgewinne gut ablesen konnte: Infineon lag dort bei 110 €.

Am ersten Börsentag gab es dann ein ziemliches Chaos bei den Banken. Ihre Onlineangebote waren überlastet und die Systeme fielen teilweise aus. Ich weiß noch genau: Ich brauchte bis zum Nachmittag, bis ich es geschafft hatte, alle 120 Aktien aus den drei Depots zu verkaufen. Der Gewinn war dann doch nicht ganz so hoch wie am Graumarkt, aber immerhin erlöste ich zwischen 70 und 80 € pro Aktie. Insgesamt kam ich so an diesem Tag auf einen Zeichnungsgewinn von über 4.500 €. Das entsprach damals ungefähr zwei Monatsgehältern von mir. Und damit war dies mein schönster Moment  an der Börse. Mit keiner Neuemission erzielte ich so einen hohen Zeichnungsgewinn wie mit Infineon.

Mit Investieren hatte das alles nichts zu tun. Es zeigt deutlich, welche Übertreibungen an der Börse möglich sind. Und kurioserweise kann man Infineon heute, 18 Jahre später, immer noch weit unterhalb des Emissionskurses kaufen. Wer mir damals die Aktien abkaufte und bis heute gehalten hätte, hätte rund 70% Verlust gemacht. Obwohl die Aktie seit langem im DAX notiert. Und 2009 stand Infineon sogar kurz vor der Pleite, die Aktie war für unglaubliche 0,35 € zu haben. Aber inzwischen zählt das Unternehmen zu den profitabelsten Chipherstellern der Welt.

In diesem Jahr habe ich übrigens wieder die Neuemission einer Tochter von Siemens gezeichnet. Diesmal als Investor und die Aktien von Siemens Healthineers entwickeln sich prächtig. Keine übertriebenen Zeichnungsgewinne, sondern solides und stetiges Kurswachstum. So ändern sich die Zeiten!

Kannst Du Dich auch an einen schönsten Moment an der Börse oder als Investor erinnern? Was war es? Deine erste Dividende? Oder Dein erster realisierter Kursgewinn? Schreib gerne einen Kommentar unter diesen Beitrag!

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10 Gedanken zu „Mein schönster Moment an der Börse“

  1. Hallo Ben,

    das ist ein richtig schöner Moment!

    Ich stelle mir oft vor, wie es damals wohl gewesen ist. Ich habe in der Zeit zwar gelebt, war aber noch viel zu jung (11 Jahre), um die Geschehnisse rund um die Börse mitzubekommen.

    Viele unserer Blogger-Kollegen haben erst nach 2009 angefangen, an der Börse zu investieren. Einige schon davor, aber nur wenige schon während des Dotcom-Hypes. Daher finde ich Artikel über diese verrückte Zeit sehr erfrischend! Danke ;)

    Beste Grüße
    Nico

    1. Hallo Nico,

      ja, der Moment damals war wirklich schön. Aber insgesamt bin ich trotzdem froh, dass diese Zeit vorbei ist. Denn auch ich habe es damals nicht geschafft, mich nur auf Neuemissionen zu konzentrieren. Teilweise habe ich mein Geld in spezialisierte Aktienfonds gesteckt, wie z.B. den „nordasia.com“. Den Fonds gibt es immer noch, ich bin aber irgendwann nach dem Platzen der Blase mit deutlichem Verlust ausgestiegen. Die Idee, in nordamerikanische und asiatische Internet- und Technologie zu investieren, war sicher nicht verkehrt. Aber vielleicht etwas zu früh und zu viel zu hohen Kursen…
      Na ja, auch das gehört zur Börsenerfahrung, die man mit den Jahren sammelt.

      Viele Grüße Ben

  2. Hallo Ben,

    danke für deinen Beitrag zur Dotcom Blase! Fein wie du mit Glück viel gewonnen hast! Ich war damals an der Börse nur auf 5 Länder mit deren großen Indexes (ATX, DAX, DJ, EURO50 und SMI) investiert – wohl weil ich bei dem Spiel der Neuemissionen nicht mitspielen wollte.

    Betreffend schönster Moment – bei mir war es die 200 TEUR Marke im Depot Ende 2014. Ich bin drei mal gescheitert, erstmals während des Finanzcrash 2007/2008, dann musste ein neues Auto her und beim Dritten mal war eine Renovierung in meinem Haus fällig. Also nach drei „finanziellen Rückschlägen“ habe ich mich dann wirklich über diesen Depotwert gefreut.

    Viel Erfolg weiter mit deiner Dividendenstrategie und viele Grüße
    Bergfahrten

  3. Hallo Ben,

    eine wundervolle Geschichte, welche mich auch wieder an meine ersten Börsenerfahrungen erinnert, auch wenn meine finanziell nicht so positiv verliefen wie bei deine.

    Ich hatte natürlich viel zu spät u.a in Deutsche Telekom und den absoluten Überflieger EM TV investiert und mich täglich über meine virtuellen Gewinne gefreut.
    Die Telekom habe ich bis heute im Depot und habe sie dieses Jahr sogar nach 18 Jahren wieder aufgestockt. 

    Trotz der finanziellen Verluste, waren es im Nachhinein emotional die schönsten Zeiten an der Börse. Mit Mitte/Ende 20 unterhielt man sich auf einmal mit allen Kumpels bei Bier und Longdrinks über Aktien. Im Job hatten die Kollegen/innen jeden Tag einen neuen Geheimtip.
    Der Teletext lief den gesamten Tag am TV und man protzte täglich mit seinen „Virtuellen“ Gewinnen. Die fette „Clownskarre“ (gemäß Tim Schäfer) hatte ich verkauft und in einen Renault Clio mit 55PS getauscht, um mit der Differenz das ganz dicke Geld an der Börse zu verdienen.

    Es kam dann doch alles etwas anders und ich wagte mich auch erst wieder 2006 mit einem konservativen Sparplan in Aktienfonds wieder an die Börse. Die Erfahrungen möchte ich trotzdem nicht missen und hilft mir heute etwas vorsichtiger zu agieren.

  4. Ha das klingt lustig. Waren wohl die Ursprünge der so genannten Troll-Armeen. Was ich auch lustig finde, dass man das auch damals bei sich im Wohnzimmer hätte machen können

    Heutige IPOs sind leider nicht mehr vergleichbar.
    Gut Siemens Healthineers ist wieder vergleichbar, hätte ich auch gerne im Depot. Naja mal gucken wie die sich entwickeln… ist mir aktuell zu teuer.

    Mein schönster Moment waren eigentlich 2 ganz simple.

    Der Tag als ich verstanden habe das Time-in-the-market wichtiger als market timing ist. Der andere als ich mit meinem Sohnemann dieses Jahr ein Juniordepot eröffnet habe und gemerkt habe, das er die essentiellen Dinge einfach übernommen hat. Ich hoffe es bleibt so.

  5. Mein schönster Moment in meinem, zu damaliger Zeit sehr kurzem, Börsenleben, war der 28.10. 2008. Ich glaube, es war ein Dienstag. Ich hatte an diesem Tag frei und pünktlich um 9 meinen Rechner gestartet und einen Blick auf die Eröffnungskurse geworfen. Was ich sah, hat mir damals wirklich die Sprache verschlagen: die VW Stammaktie stand bei über 900 Euro. Im Lauf der nächsten 20 Minuten hat sie dann sogar die 1000 Euro Marke kurzfristig geknackt und VW damals für ein paar Minuten zum wertvollsten Unternehmen der Welt gemacht. Irgendwann habe ich auch den Verkaufsknopf gedrückt, leider erst nachdem der Kurs wieder unter 1000 war. Trotzdem war ich im wahrsten Sinn des Wortes über Nacht reich geworden. Gekauft für ca 260 Euro, verkauft für 980 Euro. Das war das Startkapital für mein weiteres Börsenleben, das ich erst im März 2008 ganz klein begonnen hatte. Ganz so gut lief es natürlich nicht immer weiter, trotzdem habe ich es geschafft, nur 6 Jahre später mich aus dem „normalen“ Arbeitsleben zurückzuziehen und nur von meinen Börsengewinnen (Dividenden und Verkaufsgewinnen) gut zu leben.
    Der 28.10. war wirklich eine Sternstunde in meinem Leben und ich denke, so etwas erlebt man wahrscheinlich kein zweites Mal!
    Liebe Grüße
    Oli

    1. Hallo Oli,

      das ist ein auch ein schöner Moment! Ohne Zweifel! Ich kann mich auch noch an den Tag erinnern. Hatte selbst keine VW-Aktien. Aber auch von einer Bekannten gehört, die nur eine einzige Aktie hatte und das war VW. Ihr gefiel damals der VW Lupo als Ein-Liter-Auto und deshalb wollte sie die Aktie haben. Also nicht wirklich fundierte Anlageentscheidung. ;) Sie wurde an dem Tag von ihrem Bankberater ganz aufgeregt angerufen und hat die Aktien dann auch verkauft. Vom Gewinn konnte sie ihr Studium komplett finanzieren…
      Toll finde ich, dass du Zeit nach diesem krassen Tag so gut genutzt hast und offenbar seit 4 Jahren dein normales Arbeitsleben as acta legen konntest! Darf ich fragen, mit welchen monatlichen Erträgen aus Dividenden und Verkaufsgewinnen du kalkulierst?

      Viele Grüße Ben

  6. Hallo Ben,
    Zur Zeit sind die Erträge aus Verkäufen sehr gering, das mach ich eigentlich nur noch zum Spass, das gibt mir das „Salz in die Suppe“. Das aktive Traden stresst mich einfach zu sehr und ich will ja meinen „Ruhestand“ hier in Südfrankreich genießen und nicht ständig vor dem PC verbringen. Wie gesagt, dieser Teil ist gering, er bewegt sich nur im höheren 4-stelligen Bereich jährlich. Ganz anders schaut es bei den Dividenden aus, da sind die Erträge natürlich um ein Vielfaches höher, damit ich auch gut und sicher leben kann. Allein für die private Krankenversicherung zahle ich für mich und meine Frau über 1200 EUR im Monat!!
    Übrigens habe ich viele Werte, die sich mit deinem Depot decken, natürlich auch noch viele weitere, die sich mit deinen Prinzipien oder Anforderungen nichts decken. Ich besitze auch viele monatlich zahlende Werte, da es mir wichtig ist, einen einigermaßen gleichmässigen, regelmäßigen Geldfluss zu erzielen. Ich habe mir als Ziel gesetzt, mindestens monatlich 5000 Euro netto zu erzielen. Das ist mir auch fast immer in den letzten Jahren gelungen.

    Viele Grüße
    Oli

    1. Hallo Oli,

      das ist eine schöne monatliche Summe, die du da zur Verfügung hast! Vielen Dank für diesen kleinen Einblick in das Leben als „Ruheständler“ in Südfrankreich! Hast du noch weitere Einkommensquellen oder setzt du voll und ganz auf Dividenden? Ich halte viel davon, nicht alles auf eine Karte zu setzen und voneinander unabhängige Zuflüsse zu haben. Aber natürlich leidet darunter etwas die Flexibilität – wenn man z.B. Eigentumswohnungen vermietet.

      Viele Grüße Ben

  7. Hallo Ben,
    Ja, ich habe noch ein paar andere, kleinere Einkommensquellen u.a. habe ich hier in Frankreich einen kleinen Betrieb, den ich zusammen mit meiner Frau betreibe. Meine Immobilien in Deutschland habe ich verkauft bzw. meiner Tochter überschrieben. Das war einfach zu schwierig, sie von hier aus ordentlich zu verwalten und zu betreuen. Daneben besitze ich noch ein paar Anleihen und Zertifikate. Ich mag sehr gerne Aktienanleihen und Expresszertifikate.
    Auch ich halte eine breite Streung für sehr wichtig, auch innerhalb des Aktiendepots. Nur so kann man ein Klumpenrisiko vermeiden.

    Viele Grüße
    Oli

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