Für meinen 59. Depotwert musste ich nichts zahlen – was ist er wert?

4.6
(52)

Mit Spin-Offs ist das so eine Sache. Entweder werden sie als Neuemission an die Börse gebracht. Dann kann ich aktiv werden und eine Zeichnungsorder abgeben. Oder es auch lassen, wenn ich die Aktien nicht haben möchte.

Der andere Weg ist die – ich nenne es einfach mal so – zwangsweise Einbuchung neuer zusätzlicher Aktien in das Depot. Sie werden dann gerne als Gratisaktien bezeichnet. Und tatsächlich habe ich ja auch nichts extra dafür bezahlt.

Einem geschenkten Gaul schaut man bekanntlich nicht ins Maul. Heute tue ich es aber trotzdem. Denn jeder meiner Depotwerte soll ordentlich vorgestellt werden. Und immerhin möchte ich für mich ja auch eine Strategie für die neuen Aktien ableiten.

In einem ausführlichen Beitrag zum technischen Ablauf des Spin-Off der Siemens Energy-Aktien hatte ich ja schon dargelegt, dass ich die Aktien (erstmal) im Depot lassen werde. Meine Motive werden hoffentlich aus den damit verbundenen Erwartungen klar:

Das Unternehmen

Siemens Energy ist nach eigenen Angaben entlang der gesamten Wertschöpfungskette für Energietechnologie und -dienstleistungen mit einem umfassenden und differenzierten Produkt-, Lösungs- und Dienstleistungsangebot tätig. Die Technologiebasis umfasst sowohl brennstoffeffiziente konventionelle als auch erneuerbare Energien. Das Unternehmen sieht sich gut positioniert, um die Energiewende hin zu dekarbonisierten Energietechnologien zu gestalten.

Bei Siemens Energy sind rund 91.000 Mitarbeiter tätig. Es wurde erst am 1. April 2020 rechtlich gegründet. Die Energiesparte war aber im Siemens-Konzern schon immer ein wesentlicher Bestandteil. Ihre Historie reicht bis in das Jahr 1903 mit der Gründung der Siemens-Schuckertwerke zurück. Rund ein Sechstel der weltweiten Stromerzeugung basiert auf Technologie von Siemens Energy. Sie wird durch über 24.000 Patente abgesichert.

Geschäftszahlen

Wie alle Gesellschaften im Siemens-Konzern bilanziert Siemens Energy ein abweichendes Geschäftsjahr zum 30. September. Im zum 30.09.2019 endenden Geschäftsjahr erwirtschaftete Siemens Energy bei Umsatzerlösen von 28,8 Mrd. € ein angepasstes EBITA von 1,1 Mrd. €.

Im zum 30.06.2020 endenden Neunmonatszeitraum steht hingegen ein Verlust von 1,2 Mrd. € in den Büchern.

Der Bereich Gas and Power

Hauptbereich des Unternehmens ist mit einem Umsatz von 18,7 Mrd. € im 2019er Geschäftsjahr das „Gas and Power“-Segment. Dort werden Produkte, Lösungen und Dienstleistungen auf den Gebieten der Energieübertragung und der konventionellen zentralen und dezentralen Energieerzeugung für die Öl- und Gasindustrie angeboten. Darüber hinaus entwickelt und vermarktet das Gas and Power Segment neue Technologien im Bereich der Dekarbonisierung.

Siemens Gamesa Renewable Energy

Der zweite Unternehmensbereich ist die 67% Beteiligung an der börsennotierten SGRE S.A., die auch im spanischen Index IBEX-35 enthalten ist.

Das Segment erwirtschafte einen 2019 einen Umsatz von 10,2 Mrd. € und konzentriert sich auf die Förderung, das Design, die Entwicklung, die Herstellung und die Lieferung von Produkten, Anlagen und technologisch fortgeschrittenen Dienstleistungen im Bereich der erneuerbaren Energien mit Schwerpunkt auf Windparks.

Die Aktieneinbuchung

Für 2 meiner Siemens-Aktien habe ich 1 Siemens Energy-Aktie zusätzlich bekommen. So habe ich jetzt weiterhin meine 120 Siemens-Aktien im Depot und neu gesellen sich 60 Siemens Energy-Aktien hinzu. Bezahlt habe ich dafür nichts. Jedoch wird der Einstandspreis der Siemens-Aktien anteilig reduziert und steuerlich auf die Siemens Energy-Aktien übertragen. Bei einem Verkauf der Aktien würde dann der steuerliche Gewinn oder Verlust berechnet und mit Abgeltungssteuer belegt. So lang ich die Aktien nicht verkaufe, zahle ich auch keine Steuern.

Meine Siemens-Aktien hatte ich vor dem Spin-Off zum S Broker übertragen. Dort wurden mir zunächst Teilrechte auf die Siemens Energy Aktien eingebucht und dann diese Teilrechte in Namens-Aktien der Siemens Energy umgebucht. Und das alles so, dass ich zum Börsenstart am 28.09.2020 voll über die neuen Aktien verfügen kann. Infos zum Depot beim S Broker findest Du hier *.

Siemens Energy Teilrechte Einbuchung
Siemens Energy Einbuchung Namens-Aktien

Aktionärsstruktur

Mit dem Spin-Off haben die bisherigen Siemens-Aktionäre 55% der Aktien von Siemens Energy erhalten. Die übrigen 45% werden zunächst die Siemens AG und der Siemens Pension-Trust e.V. (35,1% bzw. 9,9%) halten. Mittelfristig dürfte sich der Anteil von Siemens weiter reduzieren.

Dividende

Als Neugründung hat Siemens Energy bisher keine Dividende gezahlt. Für das Jahr 2020 wird es aufgrund der Verlustsituation auch keine Dividende geben. Ist der Turnaround aber irgendwann geschafft, soll auch eine Dividende ausbezahlt werden. Es gibt also zumindest ein klares Bekenntnis des Managements zur Ausschüttung.

Das Ausschüttungsvolumen soll 40% bis 60% des Gewinns nach Steuern im Konzernabschluss nach IFRS entsprechen.

Nachhaltigkeitsfaktor

Siemens Energy ist logischerweise noch in keinem Börsenindex vertreten. Auch nicht in einem Nachhaltigkeitsindex. Aufgrund der Marktkapitalisierung ist aber eine baldige Aufnahme in den MDAX wahrscheinlich. Zur Aufnahme in einen Nachhaltigkeitsindex wage ich keine Prognose. Aufgrund der Neugründung des Unternehmens im April gibt es noch keinen eigenen Nachhaltigkeitsbericht.

Der Vorstand der Gesellschaft besteht aus vier Mitgliedern. Mit Maria Ferraro ist die Finanzvorständin (Chief Financial Officer, CFO) weiblich.

In jüngster Zeit besonders umstritten sind Beteiligungen von Siemens Energy am Bau von Kohle- und Gaskraftwerken in Israel und Indonesien.

Der Aufsichtsratsvorsitzende Joe Kaeser kündigte an, er habe den Vorstand von Siemens Energy gebeten, „zügig einen Stakeholder-gerechten Plan zum Ausstieg aus der Stromerzeugung durch Kohle vorzulegen.“

Meine Strategie

Wäre die Aktie nicht als Spin-Off in mein Depot eingebucht worden, dann hätte ich sie definitiv nicht gekauft. Denn an sich widerspricht sie zwei Punkten in meinen Anlagekriterien: sie bewegt sich noch immer teilweise im Sektor der Kohleenergie und zahlt auch keine Dividende.

Warum ich die Aktie trotzdem im Depot lasse? Ich hatte sie ja bisher schon im Depot. Allerdings als Bestandteil der Siemens-Aktie. Und da war der Energiebereich eben der Bereich, der keinen positiven Wertbeitrag zum Jahresgewinn lieferte. Und der Kohleumsatz war innerhalb des Siemens-Konzerns natürlich prozentual deutlich kleiner als er jetzt auf Stand-Online-Basis im neuen Unternehmen ist.

Und da ich prinzipiell mein Depot mit ruhiger Hand führe und nur selten Verkäufe vornehme, akzeptiere ich diesen aktuellen Verstoß gegen meine Anlagekriterien. Ich werte dabei die Erklärungen des Managements, mittelfristig aus dem Kohlebereich aussteigen zu wollen und evtl. schon für 2021 eine Dividende zu zahlen, als positiven Schritt.

In den nächsten 20 Jahren soll die Nachfrage nach Strom weltweit um bis zu 80% wachsen. Siemens Energy wird da mit seinen Technologien einen Beitrag leisten. Und bei den Erneuerbaren Energien sind sie zwar nicht profitabel, aber auch interessant aufgestellt. Bei der Offshore-Windkraft auf See sind sie immerhin Weltmarktführer.

Ich werde Siemens Energy gleichwohl beobachten und regelmäßig neu bewerten. Gibt es keine sichtbaren Fortschritte, dann werde ich die Aktie verkaufen und den Verkaufserlös anders investieren. Zukäufe werde ich keine vornehmen. Die Aktie ist von Beginn an erst mal eine Halteposition in meinem Depot und wird in das Kursdepot einsortiert bis es zur ersten Dividende kommt.

Auf einen Blick:

Unternehmen:Siemens Energy AG
ISIN:DE000ENER6Y0
Im Divantis-Depot seit:28.09.2020
Letzter Nachkauf am:--
Stückzahl im Divantis-Depot:60
Durchschnittskaufkurs inkl. Gebühren:0,00 €
Gesamtkaufpreis:0,00 €
(steuerlicher Anschaffungswert: 3.771,46 €)
steuerlicher Anschaffungswert:3.771,46 €
Bisher erhaltene Netto-Dividenden:0,00 €
Aktuelle Strategie:Halten und Beobachten

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?

Dann bewerte ihn mit einem Klick!

Durchschnittliche Bewertung: 4.6 / 5. Anzahl der Stimmen: 52

Gib die erste Bewertung für diesen Beitrag ab!

Schade, dass Dir der Beitrag nicht gefallen hat!

Unterstütze die Qualitätsverbesserung!

Möchtest Du mir einen Hinweis geben, was ich besser machen kann?

6 Gedanken zu „Für meinen 59. Depotwert musste ich nichts zahlen – was ist er wert?“

  1. Habe auch 100 Siemens im Depot. Langfristig wird Siemens kein Industrieunternehmen sein, sondern eine Bank mit Beteiligungen. Wenn Sie einen guten Job wie Berkshire Hathaway machen, ist es für mich ok. Nur brauche ich die Einzelunternehmen nicht?!

    Schönen Sonntag
    Christian / Bergfahrten

  2. Guten Tag zusammen,
    hat hier vielleicht jemand einen Rat?
    Es wurden am 29. September 180 Stück Siemens Energy zu je 21,30 Euro verkauft,
    Erlös etwa 3800 Euro. Die Depotbank ING hat nun einen Veräußerungsverlust von knapp 7000 Euro ausgewiesen. Wie kann das sein?
    Gruß Sebastian I

    1. Hallo Sebastian I,

      wie war denn Dein Einstandskurs bei Deinen 360 Siemens-Aktien? Aufgrund des Spin-Offs wurde der ja steuerlich aufgeteilt und ein ziemlich hoher Einstandskurs auf Siemens Energy zugeteilt. Entsprechend niedrig dürfte nun Dein steuerlicher Einstand bei den Siemens-Aktien sein.

      Viele Grüße Ben

      1. Hallo Ben, danke für die Antwort. Der Durchschnittseinstandspreis lag über die Jahre bei 60,06 Euro. Gruß Sebastian I

  3. Hallo Ben,

    gab es bei dir die Auszahlung der Spitze von der Aktienüberführung von Siemens ins Siemens Energy schon?
    Ich selbst warte noch darauf. Es werden zwar nur ca. 10 Euro sein, aber dennoch ist das ja unser gutes Recht, die zu bekommen!

    1. Hallo Steffen,
      ich hatte eine gerade Anzahl von Siemens-Aktien und deshalb keine Spitze. Der Ausgleich soll – hatte ich irgendwo gelesen – im Dezember erfolgen. Also noch ein bisschen Geduld, das Geld kommt bestimmt!

      Viele Grüße Ben

Kommentar verfassen